Kirche

Predigt beim Gauderfest im Zillertal

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Beim heurigen Gauderfest in Zell am Ziller –unter anderem mit dem Trachtenverein Hochries-Samerberg- hielt Dekan Ignaz Steinwender eine beeindruckende Predigt, die wir hiermit gerne im Wortlaut veröffentlichen.

Bleibt in meiner Liebe!

Liebe Frau Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Lieber Brauchtums- und Trachtenvereine, liebe Musikkapellen des Bezirkes mit der jubilierende Bundesmusikkapelle Zell am Ziller, liebe Schützen. liebe Gäste aus nah und fern, aus Südtirol, Baiern und darüber hinaus!

Jesus sagt im heutigen Evangelium. Bliebt in meiner Liebe!

Einem Literaten wird der Satz zugeschrieben. „Tradition ist nicht Anbetung der Asche, sondern Weitergabe des Feuers!“ Tradition heißt vor allem auch bleiben, bei der Überzeugung bleiben, feststehen in dem, was man tut, es heißt, etwas lebendig halten, z. B. die Musik pflegen und weitertragen, wie es unsere Bundesmusikkapelle seit 200 Jahren tut (seit 150 Jahren auch als Feuerwehrmusik), es heißt, die Tracht oder das Schützenwesen pflegen, wie ihr es heute zum Ausdruck bringt, und natürlich den Glauben bewahren und lebendig halten, es geht um das Feuer der Liebe.

Es ist vielleicht gerade heute wichtig, diese Aspekte des Bleibens, der Tradition zu betonen. Wir leben auch in einer Zeit, wo vieles leichtfertig über Bord geworfen wird, wo es geradezu einen Kult der Veränderung gibt, wo manche meinen, alles müsse stets neu erfunden werden. Da und dort, auch in der Kirche werden Diskussionsprozesse angestoßen, oft ohne Ziel, im naiven Glauben, es werden Visionen dabei herauskommen. Bleiben, bewahren, lebendig halten hingegen ist nicht etwas Starres, sondern erfordert höchste Aktivität.

Die Liebe, größte Kraft des Bleibens

Die größte, die eigentliche Kraft des Bleibens ist die Liebe, weil sie von Gott stammt. Unsere Welt ist nicht das Produkt eines Zufalles, sondern Ergebnis der schöpferischen Liebe, unser Christsein ist möglich durch die erlösende Liebe Jesu Christi, und die Liebe Gottes vervollkommnet und durchwirkt alles durch den Heiligen Geist. Der Apostel Paulus hat diese Kraft der Liebe, diese Gnadengabe überschwänglich im Korintherbrief beschrieben und sagt am Ende: Die Liebe glaubt alles, sie hofft alles, die Liebe hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.

Das Kreuz, kulturelles und religiöses Symbol, Logo des Christen sowie Zeichen von Liebe,  Toleranz und der Freiheit

Wenn wir nachdenken über die Tradition, über das Bleiben in der Liebe, über das Feuer der Liebe, dann stoßen wir auf ein Zeichen, das heute hier präsent ist. Das beeindruckende Kreuz, das heute beim Altar steht, gehört der Gemeinde Ramsau, es wurde vor zwei Jahren von Fähnrich Markus Anfang errichtet für das Regimentstreffen und Bezirksblasmusikfest. Dieses Kreuz, das gerade öffentlich heftig diskutiert wird, ladet ein zur Betrachtung und dann zur Verinnerlichung. Der Apostel Paulus sagte von diesem Zeichen, es sei den Juden ein empörendes Ärgernis, den Griechen eine Torheit, uns aber, sagt er, „die wir gerettet werden, ist es Gottes Kraft.“ (1 Kor 1,18).  Manchen ist das Kreuz heute gleichgültig, anderen eine bloße Zierde, einigen ist es Anlass zum Spott, es kommt sogar vor, dass Christen mit hohen Ämtern das Kreuz verstecken, anderseits sehen viele, wie z. B. die Bayrische Regierung, im Kreuz ein kulturelles Symbol, weil sie noch nicht vergessen haben, aus welcher Hauptquelle, aus welchen Wurzeln unsere Kultur stammt und teilweise noch getragen wird. Sie erkennen und anerkennen die Kultur auch als Frucht dieser Geistigkeit, des Kreuzes, des Glaubens, des Christentums. Sie wissen z. B., dass die Demokratie von Voraussetzungen lebt, die sich selbst nicht geben kann.

Das Kreuz ist darüber hinaus ein religiöses Zeichen, Ausdruck eines Glaubens und eine Lebenshaltung. Und es ist drittens sozusagen das Logo des einzelnen Christen, ein Symbol, das wir persönlich als Siegel tragen. Bei der Taufe hat der Priester und bei der Firmung der Bischof mit Chrisamöl dieses Zeichen auf unsere Stirn gezeichnet. Es ist unser Seinsmerkmal.

Wenn wir im Glauben auf Christus den Gekreuzigten blicken, dann können wir im Kreuz das Zeichen der Liebe erkennen. So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn dahingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat (Joh. 3,16).

Wenn wir auf Christus blicken, dann können wir im Kreuz das Zeichen der Toleranz erkennen. Tolerare kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie dulden, ertragen, aushalten. Die größte Tat der Toleranz hat ER vollbracht. Er hat die ganze Sünde der Welt auf sich genommen und ausgehalten. In diesem Sinne bedeutet Toleranz nicht Gleichgültigkeit, auch nicht eine Indifferenz, sondern eben das Bleiben in Seiner Liebe. Dieses Zeichen der Toleranz im Namen einer Toleranz verstecken, wäre wohl kontraproduktiv.

Wenn wir auf Christus blicken, dann sehen wir Kreuz ein Zeichen der Freiheit, die größte Freiheitstat, im Gehorsam gegenüber dem Vater dessen Willen tun.

Das Kreuz erhöht

Ihr Musiker wisst es. Wenn in einer Notenzeile ein Kreuz steht, dann werden die Noten dieser Zeilel erhöht. Das können wir auch symbolisch anwenden. Die Tätigkeit der Musikkapellen erhöht und belebt das öffentliche Leben, die Gemeinden und das Vereinsleben. Die Tätigkeit der Brauchtungspfleger und der Schützen erhöht das kulturelle Leben. Gute Musik kann den Menschen höher führen, sie hilft, geistige Empfindungen ausdrücken, die man nicht in Worte fassen kann. Die Musik im Gottesdienst ist nicht nur ein Beiwerk, sondern Bestandteil der Liturgie, sie führt höher, sie hilft, das Herz zu erheben, dass zu realisieren, was geistig geschieht.

Das Kreuz, liebe Gläubige ist Ausdruck der Liebe und führt zugleich hin zur Gnadengabe der Liebe, die alles andere übersteigt. Das Kreuz ist Ausdruck jener wahren Toleranz, die bereit ist, für das Gute, für das Wahre zu leiden, Situationen auszuhalten, durchzutragen und dabeizubleiben. Das Kreuz, wo immer es angenommen wird, führt den Menschen zu einer höheren Freiheit. Zu Freiheit, die durch das Ja zu Gott, zum Nächsten und zur Verantwortung für andere gekennzeichnet ist. Jene Freiheit, die den Eigenwillen vom Willen Gottes durchkreuzen lässt.

Unser Land ist voll von Kreuzen bis zu den Berggipfeln. Die Kreuze können uns helfen, dankbar unsere Kultur zu schätzen, unseren Glauben tiefer zu erfassen und unser eigenes Christsein in Liebe, Toleranz und Freiheit erfüllt zu leben.

Das Kreuz steht bei der Heiligen Messe an jedem Altar. In der Messe feiern wir das Kreuz und die Auferstehung Christi. Dieses Kreuz am Altar möge uns bewusst machen. Die Messe ist der Ort des Eintretens in die Gemeinschaft mit dem Gekreuzigten und Auferstandenen, es ist der Ort des Bleibens in seiner Liebe und es ist der Ort der größten Veränderung. Hier geschieht Heiligung, hier kann das Feuer seiner Liebe entzündet werden.

Kommt jetzt alle betend, musizierend, mit euren Freuden und mit Euren Nöten, mit eurem Herzen zu ihm, bleibt in seiner Liebe. Seine Liebe möge euch erfüllen, damit seine Freude in euch sei, beim heutigen Umzug, bei Eurem Wirken in den Vereinen, in euren Familien. Von Seiner Liebe gehe die Kraft aus für Eure Liebe zur Musik, zum Brauchtum, zur Heimat, zur Kultur und zu Seiner Kirche, zu IHM, unseren Herrn und dem Nächsten.  Amen.

Ignaz Steinwender, Dekan www.pfarre.zell.at

Foto: Hötzelsperger

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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