Natur & Umwelt

Ökomodell zu Agri PV Übersee

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Nachdem am letzten Freitag die Unterschriftenliste zur Einleitung eines Bürgerbegehrens gegen die von der Firma NEA (Neue Energie Achental) geplante, etwa 11,5 Hektar große Agri PV Anlage an der Friedhofstraße entlang den Bahngleisen an Bürgermeister Herbert Strauch übergeben worden waren,  stellte Rechtsanwalt Benno Ziegler einige Tage später im Rahmen einer Pressekonferenz in den Räumen der Maschinenbaufirma ein Gegengutachten zu dem von der NEA in Auftrag gegebenen Gutachtens vor.

Ausgearbeitet war das 38 Seiten starke Konvolut von RegioConsult, einer Verkehrs- und Umweltmanagement-Firma aus Marburg, beauftragt von der Kanzlei Schönefelder Ziegler aus München. Hier werden im Detail in vier Teilbereichen Mängel des Bebauungsplanes und der Gutachten aus Sicht der Kritiker der geplanten Anlage dargestellt.

Neben den inzwischen hinlänglich bekannten Vorwürfen einer mangelnden Informationspolitik seitens der Gemeinde und der NEA bei der Planung bemängelt das Schreiben vor allem, dass aus dem für den Tourismus vielfach beworbenen „Blumendorf“ und „einem der schönsten Dörfer im Chiemgau“ ein PV Ort mit verschandeltem Ortsbild werde. „Wollt ihr das Ortsbild zerstören? – ein bisschen schizophren, was die Gemeinde macht“, sagte Benno Ziegler, und zeigte anhand großer Bildtafeln die Landschaft „vorher und nachher“ – die große Wiese hinter der Kirche mit Blick auf den Hochfelln, die nach Meinung vieler Überseer Bürger von der kleinen Brücke aus (die den Ortsteil Feldwies mit Übersee verbindet) einer der schönsten Ausblicke im Ort ist.

Zauneidechse und Ameisenbläuling

Gravierender waren die im Gutachten zum Artenschutz erhobenen Vorwürfe. Die hier nachgewiesene Zauneidechse zum Beispiel ist nach europäischem Recht strengstens geschützt, so dass auch deren Lebensraum nicht gefährdet werden darf. Die zwei alten Eichen auf dem Gelände, die auch nach Auffassung der NEA nie angetastet werden sollten, sind im Sommer Lebensraum von Fledermäusen. Nach dem Gutachten sei es aber versäumt worden, im Juni und Juli einen so genannten „Batcorder“ aufzustellen, der anhand von Ultraschallwellen die Laute von Fledermäusen aufnimmt, so dass man ihre genaue Art bestimmen kann. Der rot blühende „Große Wiesenknopf“, eine schon in der Antike bekannte Heilpflanze, sei zwar im Gutachten des Investors abgebildet, aber es sei nicht untersucht worden, ob im Sommer auch der helle und dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling – eine nach EU-Recht strengstens geschützte Schmetterlingsart – auf dem Areal zu finden ist, so der Rechtsanwalt. Nach Meinung der Kanzlei könnten diese Tiere und Pflanzen das gesamte PV-Projekt auch auf den privilegierten Flächen südlich und nördlich der Bahngleise zu Fall bringen. Wegen „Verschandelung der Landschaft“ seien außerdem schon ganz andere Projekte verhindert worden.

Auch den Begriff „Agri-PV“ hält der Rechtsexperte für falsch: die für diese Bezeichnung notwendige Fläche von 66 Prozent für den landwirtschaftlichen Ertrag und die damit verbundene Einspeisevergütung für Solarstrom, seien kaum zu erreichen, da die Solarpanele die nötige Sonne für das Graswachstum verhindern würden. Auf die Frage an Benno Ziegler, ob sie gegen den Bau der Agri-PV Anlage klagen wollten, sagte er, „bisher gibt es nichts zu klagen“. Er werde dem Bürgermeister sagen „ziehen Sie die Notbremse!“. Falls trotz der Informationen hier gebaut werde, würde „natürlich gegen alles geklagt werden, was hier versucht wird“, so Ziegler.

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Bericht und Foto: Christiane Giesen


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Toni Hötzelsperger

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