Ukraine- & Nothilfe

Neuer Bischor Firman aus der Ukraine im Chiemgau zu Gast

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Alles was ich bisher an Problemen am Hals gehabt habe ist mir geblieben und ein Haufen neuer Probleme kam dazu“ beschrieb der neu ernannte Bischof Volodymyr Firman (47) aus Ternopil seine aktuelle Lage. Erstmals nach seiner Ernennung und Weihe zum Bischof am 27. August kam Bischof Firman, zusammen mit Pfarrer Vasyl Shafran, zum Helferkreis für die Diözese Ternopil/Ukraine ins Cafe Pauli nach Aschau. Die beiden Vorsitzenden Katharina Schmid und Fritz Tischner gratulierten dem frisch ernannten Bischof und überreichten ihm die Geschenke des Vereins zu seiner Bischofsweihe im Wallfahrtsort Zarvanytsja; zusätzlich erhielt er einen Zuschuss zur Erstausstattung seines Bischofsornats. Auch die Gemeinde Rohrdorf werde sich mit 250 Euro daran beteiligen, versprach die zweite Bürgermeisterin Maria Haimmerer.

Fritz Tischner erinnerte an die lange Verbundenheit des Vereins mit dem Bischof der ukrainisch-griechisch-katholischen Kirche (UGCC). „Bereits 1996 kam Volodymyr Firman als junger Seminarist und Sänger mit dem Chor des Priesterseminars aus Ternopil in unsere Region. Bei seinen Besuchen in Deutschland erlernte er auch die deutsche Sprache. Viele Projekte konnten auf seine Initiative und mit unserer Unterstützung in Angriff genommen werden: dazu gehörten der Ausbau der kircheneigenen Landwirtschaft, der Ausbau des Seminaristenhauses, der Bau einer Wasserabfüllanlage in Zarvanytsja und die Schaffung von Arbeitsplätzen für die Bevölkerung durch den Aufbau verschiedener Firmen. Sein Wahlspruch sei immer gewesen: „Ich baue keine Kirchen aus Stein, ich möchte Kirchen mit Menschen bauen“. Wir wünschen und hoffen, dass Sie dafür stets ein guter und erfolgreicher Baumeister sein werden“. Eigentlich wollten Katharina Schmid und Elisabeth Weidenspointner an der Bischofsweihe teilnehmen, in den Wirren des Ukraine-Krieges wurde der Flug wegen eines Unwetters vom Flugplan gestrichen. So erhielt Bischof Firman die Geschenke des Vereins erst jetzt bei seinem Besuch in Aschau. Bischof Firman bedankte sich bei allen, die ihn auf seinem bisherigen Lebensweg unterstützt haben, die Finanzierung eines Studiums ohne zusätzliche finanzielle Hilfen sei sonst nicht möglich gewesen. Dann begann Firman von den Ereignissen in der Ukraine zu erzählen. „Es ist schwierig in der Ukraine, als Militärkaplan habe ich im ganzen Land bereits sehr viel gesehen“. Viele Orte sind dauerhaft zerstört, es wird lange dauern sie wieder aufzubauen, große Landstriche müssen von Munition und Minen gesäubert werden. Die Bevölkerung hat sich gegenüber der Vorkriegszeit fast halbiert. Viele Bewohner, vor allem Frauen und Kinder, haben das Land verlassen und Zuflucht in ganz Europa und Nordamerika gesucht. Wann sie zurückkehren können, ist ungewiss und was sie dann im Lande vorfinden werden, weiß keiner zu sagen.

Die ständige Hilfe aus Bayern ist ein Segen für die Diözese Ternopil. Bereits unmittelbar nach Kriegsausbruch kam der erste Hilfstransport aus dem Chiemgau in Ternopil an. Katarina Schmid habe sich genau nach den unmittelbaren Bedürfnissen erkundigt und das Benötigte dann postwendend auf den Weg in die Ukraine geschickt. Versandt wird nur Notwendiges und Gewünschtes, kein Schnickschnack und kein überflüssiges Material. Mittlerweile seien 19 Transporte aus den Orten im Chiemgau in Ternopil angekommen, der Inhalt eines großen Lastwagens werde – aufgeteilt in 2500 Einzelpakete – zweimal im Monat an die Bevölkerung verteilt. Drei große Stromgeneratoren und mehrere kleinere aus dem Chiemgau stellen die Stromversorgung aller kirchlichen Gebäude der Diözese in Ternopil sicher. Der Krieg sei in der Ukraine allgegenwärtig, auch die Westukraine und hier vor allem Lemberg seien häufige Ziele von Raketenangriffen. 85 Flüchtlinge, Frauen, Kinder und alte Menschen aus dem ganzen Land suchten Zuflucht in den Räumen des Seminars von Ternopil. Die Diözese verteilte landesweit lastwagenweise Trinkwasser an Bedürftige, damit die Wassergewinnung in Zarvanytsja weiterlaufen kann. Die eigenen Betriebe konnten auch unter Kriegsbedingungen weiterlaufen, kein Mitarbeiter aus den Einrichtungen und Betrieben, aus der Landwirtschaft und den Gartenbetrieben musste entlassen werden.

Ganz neue Aufgaben sind auf die Mitarbeiter in Ternopil zugekommen: in Kursen und Lehrgängen wird im Seminar versucht, Priester aus dem ganzen Land auf ihre zukünftigen Aufgaben beim Umgang mit traumatisierten Personen vorzubereiten, ebenso werden Traumapatienten aus dem ganzen Land hier in Ternopil erstversorgt. „Eine große psychische Belastung steht über dem ganzen Land“. Die ganze Bevölkerung ist belastet, dabei erlebt das Land kriegsbedingt eine Mangelwirtschaft. Aktuell würden im Land rund 20000 Prothesen im Jahr für Kriegsversehrte benötigt, in der Ukraine können derzeit aber nur 2000 pro Jahr selbst hergestellt werden. Der Rest muss von außen kommen, wenn nicht, ist eine Versorgung mit derartigen Hilfsmitteln nicht möglich.
Bischof Firman und Pfarrer Shafran kündigten an, dass der Erzbischof der Erzeparchie Ternopil-Sboriw/Ukraine Wassyl Semenjuk im kommenden Jahr mit dem Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren sein Amt zur Verfügung stellen wird und in den Ruhestand geht. Er will sich bei all seinen Freunden in Deutschland bei einer großen Abschiedsrunde bedanken. Katharina Schmid gab dazu bekannt, dass sich die Vorstandschaft bereits mit den ersten Planungen für diese Verabschiedung befasse, sie könne sich dabei einen Abschiedsgottesdienst unter der Mitwirkung eines römisch katholischen Bischofs in einer der großen Kirchen in der Region vorstellen. Sie versicherte Firman und Shafran, dass Ternopil, das Seminar und Zarvanytsja hier im Land und in der Region nicht vergessen seien. „Wir können euch eure psychischen Probleme nicht abnehmen, wir hoffen aber dass wir durch unsere Hilfstransporte ein wenig zur Linderung der alltäglichen Versorgungsprobleme beitragen können.

Bericht und Bilder: Heinrich Rehberg – Bischof Volodymyr Firman (47) (zweiter von rechts) und aus Ternopil Pfarrer Vasyl Shafran (links) mit den beiden Vorsitzenden des Helferkreises für die Diözese Ternopil/Ukraine Katharina Schmid und Fritz Tischner (rechts) bei ihrem Antrittsbesuch im Cafe Pauli in Aschau.

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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