Land- & Forstwirtschaft

Naturwaldausweisung in Bayern

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Naturwaldausweisung in Bayer – ein Beitrag des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern

  Waldweide betroffen – Naturwälder sind eine neue Schutzkategorie im Bayerischen Waldgesetz. In Art. 12a Abs. 2 des BayWaldG heißt es: Bis zum Jahr 2023 wird im Staatswald ein grünes Netzwerk eingerichtet, das 10 Prozent des Staatswaldes umfasst und aus naturnahen Wäldern mit besonderer Bedeutung für die Biodiversität besteht (Naturwaldflächen). Das sind rund 79 000 Hektar. Nach den Angaben von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber hat die Ausweisung von Naturwaldflächen ihren Ursprung im Koalitionsvertrag der beiden Regierungsparteien. Darin vereinbarten diese, zehn Prozent der Staatswaldfläche aus der forstlichen Nutzung zu nehmen. Mit der Annahme des Volksbegehrens „Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“ und dem Inkrafttreten des „Zweiten Gesetzes zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern (Gesamtgesellschaftliches Artenschutzgesetz – Versöhnungsgesetz)“ wurde dieses Ziel im Bayerischen Waldgesetz (BayWaldG) verankert. Die Naturwälder werden nicht mehr forstlich bewirtschaftet. Nur notwendige Maßnahmen der Verkehrssicherung und des Waldschutzes sind weiterhin möglich. Ziel ist es, damit einen Beitrag zum Erhalt und zur Verbesserung der Biodiversität zu leisten und die Naturwälder für die Gesellschaft erlebbar zu gestalten. Obendrein sollen sie eine Referenz für die Entwicklung naturnaher Wälder im Klimawandel ohne den Einfluss forstlicher Maßnahmen bieten. Das Betreten der Wälder bleibt weiterhin erlaubt.

Verzeichnis im „BayernAtlas“ – Für die Umsetzung des Gesetzesauftrags in ein wirkungsvolles Gesamtkonzept werden derzeit die vorhandenen Flächen abgegrenzt und Ergänzungen vorgenommen. In der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 2. Dezember 2020 werden die Ziele und das Verfahren der Naturwaldausweisung näher beschrieben.  Nach Aufforderung durch das StMELF oder aus eigener Veranlassung schlagen die zuständigen staatlichen Verwaltungen bzw. die BaySF mögliche Naturwaldflächen oder Ergänzungen zu bestehenden Naturwaldflächen vor. In der Bekanntmachung heißt es: „Die Einrichtung oder Erweiterung von Naturwaldflächen wird durch Aufnahme in das am StMELF geführte Verzeichnis über das grüne Netzwerk der Naturwaldflächen vollzogen.“ Über die Internetanwendung „BayernAtlas“ (https:   //v.bayern.de/wG33M) kann der aktuelle Umfang der eingebrachten Naturwaldflächen eingesehen werden. Die Darstellung im Internet ist flurstücksscharf abgegrenzt und wird bei Bedarf aktualisiert.

Waldweidebezirke einbezogen – Mit Weiderecht belastete Lichtweideflächen sind immer ausgenommen, da es sich hier in jedem Fall um keine Waldflächen im Sinne des Waldgesetzes handelt. Mit Weiderechten belastete Waldflächen sind jedoch häufig in die aktuelle Ausweisung einbezogen worden. Entsprechend der Bekanntmachung bleibt die Ausübung von bestehenden Forstrechten sowie gesetzlicher und vertraglicher Rechte Dritter zwar unberührt, andererseits werden Naturwälder forstwirtschaftlich nicht genutzt und gepflegt. Es findet keine Bewirtschaftung und keine Holzentnahme statt. Schadholz wird nicht aufgearbeitet. Es ist zu befürchten, dass Waldweiden ihren bestehenden Charakter verlieren und für die Nutzung als solche verloren gehen. Es muss geprüft werden, inwieweit die Rechte der Berechtigten in solchem Maße beschnitten werden können. Wenn weidegenutzte halblichte Flächen und Waldweiden im Naturwald liegen, wo eigentlich gar nichts mehr genutzt werden soll, stellt sich die Frage, ob der Forst z. B. künftig Schwendmaßnahmen immer ablehnen muss, wo kein Schwandrecht vorhanden ist.

Ziel Biodiversität – Das oberste Ziel der Ausweisung von Naturwaldflächen ist der Erhalt und die Verbesserung der Biodiversität. Um dieses Ziel zu erreichen, können, laut der Bekanntmachung, Naturwald-Entwicklungskonzepte erstellt werden. Betroffene Gemeinden, Träger öffentlicher Belange und berührte Verbände sind dabei zu beteiligen. Aus unserer Sicht sollten hier vor allem die Berechtigten mit ihren Waldweiderechten berücksichtigt werden.  Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass in lichten Waldweiden die höchste Artenvielfalt vorhanden ist. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist der Erhalt von lichten Waldweiden wünschenswert. Aktuell sind viele Bereiche in der Karte ausgewiesen, die von der Beweidung oder von früherer Beweidung gelichtet sind und wertvolle Naturschutzflächen darstellen. Wenn das Sturmholz niemand mehr wegräumt (wegräumen darf), dann ist eine Beweidung nicht mehr möglich, weil die Tiere gar nicht mehr durchkommen. Hier besteht ein interner Naturschutzkonflikt: Will ich neue Wildnisgebiete schaffen oder will ich etwas für den Artenschutz und die Artenvielfalt tun? Almbauern sollen zunächst prüfen, inwieweit berechtigte Waldweideflächen betroffen sind. Eine entsprechende Überschneidungskarte werden wir auch von den Bayerischen Staatsforsten und von StMELF fordern. Pflegemaßnahmen zum Erhalt der lichten Waldweiden müssen in jedem Fall möglich sein. Flächige Naturschutzmaßnahmen sind auch für die Erhaltung der Biodiversität wichtig. Die in den FFH Managementplänen hervorgehobenen Leistungen der Almwirtschaft, gerade in lichten Waldweiden, werden möglicherweise durch Einschränkungen mit der Naturwaldausweisung behindert. Wir hoffen sehr, dass die Ausweisung noch nachgebessert wird und Flächen mit Waldweiderecht aus der Kulisse entnommen werden.

Bericht: Hans Stöckl – Fotos: Almwirtschaftlicher Verein Oberbayern – entnommen der Zeitschrift “Almbauer”

 

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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