Brauchtum

Musikalischer Waldgau-Hoagartn

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Was ist eigentlich ein „Hoagartn“? Das Wort stammt vom mittelhochdeutschen „heingarte“ und steht für den Heimgarten, also den Garten vor einem Bauernhaus. Dort trafen sich Nachbarn, um in Zeiten, wo es noch kein Fernsehen gab, gemeinsam zu singen, zu musizieren und zu ratschen. Im Laufe der Zeit wurde die Bezeichnung „Hoagartn“ auf Musikantentreffen angewendet, die in der Regel nichtkommerziell sind und einfach die Freude an der traditionellen Volksmusik vermitteln wollen. Diese Tradition will der Bayerische Waldgau bewahren und lud deshalb zum Hoagartn ins Kunst- und Kulturzentrum (KuK) nach Schönberg ein. Für Herz und Gemüt war alles dabei, dafür sorgten die durchwegs hochkarätigen Gruppen, die abwechselnd musizierten. Rund 150 Gäste lauschten der Musik, dem Gesang und dem gesprochenen Wort. Für das leibliche Wohl der Gäste im wunderschön herbstlich geschmückten Saal sorgte der Trachtenverein Schönberg.

Erste musikalische Töne kamen von der jugendlichen „Schönberger Trachtlermusi“, die beschwingt den „Schneiderhäusl-Boarischn“ aufspielte und im Laufe des Abends mit „Die schöne Waldlerhoamat“, der „Spatzen-Polka“ oder „I kenn an Herrgott“ aufwartete. „Seid mir alle recht herzlich willkommen im KuK“, entbot Trachtenvereinsvorsitzender Georg Pichler, der neben der Gauvorstandschaft, den Musikanten, Organisatoren und einigen Ortsvereinen auch Pfarrvikar Antony Kursignat, stv. Bürgermeister Günter Klampfl, Ehrenmitglied Schos Praml sowie die Gauehrenmitglieder Hilde Herzog, Sepp Wolf und Sepp Schiller willkommen heißen konnte. Auch die Musikreferenten des Waldgaues, Hermann und Ingrid Hupf, die die Veranstaltung organisiert hatten, schlossen sich den Begrüßungsworten an.                                                                                                                             In den folgenden drei Stunden begeisterten die Sänger und Musikanten mit traditioneller bayerischer Musik, die auf die kommende „staade Zeit“ einstimmte und bei der die Liebe zur Hoamat deutlich wurde. Als sehr wandlungsfähig in der Besetzung, ob als Zwoagsang, als Stubnmusi oder Tanzlmusi zeigte sich die „Familienmusik Maurer“ aus Arnetsried. „Ja, da Woid is mei Hoamat“ wussten Mutter Susanne und ihre Kinder Johannes, Wolfgang, Michael und Barbara zu berichten und sie ließen zur Freude ihrer Zuhörer die Instrumente erklingen. Ein rundum stimmiger Klangkörper waren die „Woid-Vereins-Ariensänger Lindberg“. Michael Löffelmann, Max Paternoster, Evi Hasenknopf und Michael Graßl wurden auf dem Akkordeon begleitet von Sepp Lohr und unterhielten mit angestammtem Liedgut aus dem Bayerischen Wald. „Jetzt duads scho hirgstln drin im Woid und af de Schachtn“ war ihrem stimmigen Gesang und den einfühlsamen Arien zu entnehmen. Der musikalische Nachwuchs war eindrucksvoll vertreten durch die Geschwister Binder, Gewinner des Jugendfinks 2016. Carolin und Christoph spielten mit jugendlichem Schwung gekonnt auf und bekannte Lieder wie „Schwarz wia de Kerscherl“ oder vom „Sommerberger Bauer“ erklangen im Saal. Aus Thening bei Hohenwarth angereist waren die „Stoiber-Deandln“ Elfriede und Luise.  „Ganz staad senkt se d’Nacht“ war einer ihrer Titel und auch so manches „selbstgestrickte“ Stückl (z. B. das „Theninger Lied“) aus der Feder von Elfriede Heitzer ließ die Herzensliebe zum Heimatdorf der beiden Schwestern deutlich werden.

Erzähler und Moderator des Abends war  Mundart-Autor Christian Fischer aus Bischofsmais, der durch den Abend führte und mit seinen ganz persönlichen Gedanken und Sichtweisen sein Publikum regelrecht „verzauberte“. Er machte sich nicht nur Gedanken zur Musik („D’Musi tröstet, erfreut, gibt schenkt, schützt, nimmt schlechte Laune und Angst, baut auf, macht munter, baut Stress ab. D’Musi is göttlich, vom Herrgott g’schenkt“), sondern wusste auch über die bunte Welt des Herbstes, ein Gespräch eines Enkels mit seinem Opa über vergangene Zeiten, dem „Mensch ausm Woid“ und das oftmals nicht leichte „Eheleben“ zu erzählen. Mit dem Gedicht „S’Gwissn“ regte der Schuasta Lois aus Aigen am Inn (Dreiflüssegau), ein Freund des Bayerischen Waldgaues, zum Nachdenken an. Dazwischen waren alle Anwesenden eingeladen, mit Ingrid Hupf das gemeinsame Lied „Owa Deandl, geh mit mir in Woid hinaus“ zu singen.

Stellvertretende Landrätin Helga Weinberger traf verspätet von einem anderen Termin ein. „Die Texte und die Musik lassen abschalten vom Terminstress und machen warm ums Herz“, meinte sie ehrlich und wünschte viel Freude an der niederbayerischen Kultur. Bürgermeister-Stellvertreter Günter Klampfl war erfreut, dass die Veranstaltung in seiner Gemeinde stattfand. Die Schlussworte sprach Gauvorstand Andreas Tax, der die Vielfalt an Musik und Gesang bewunderte. Das Miteinander von Jung und Alt sei ein Zeichen dafür, dass Volksmusik weiterlebt in den Häusern, Familien und Vereinen.  Tax dankte für die Teilnahme und sagte Vergelt’s Gott für das Kommen. In „Mia san vom Woid dahoam“ stimmten alle anwesenden Gäste und Gruppen stimmgewaltig ein. Im inoffiziellen Teil wurde schließlich zu den Tönen der „Schönberger Trachtlermusi“ noch das Tanzbein noch ausgiebig geschwungen und auch die anderen Gruppen ließen sich nochmals hören.  (krp)

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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