Leitartikel

Mitten in München: das Eggarten-Schicksal

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Im Eggarten von München – Die halbe Bier hat es hier Mitte der 60–er Jahre für 48 Pfennig gegeben. Ums Eck war ein Kohlenhändler. Dazwischen bot eine Gemischtwarenladen Semmeln und Brot an. Da wurde der Fernseher in der Gartenlaube aufgestellt und alle Nachbarn kamen dazu, als Peter Kraus sein Bluejeans Girl vorstellte.

So hört sich eine Geschichte an, die man in den 60-er jahren erleben konnte. Es ist im Münchner Norden, nähe Olympiagelände, in der Eggartensiedlung. 1920 hat die Bundesbahn das Wiesengelände erschloßen. Und die Arbeiter der Bahn durften sich auf dem Gelände ein kleines Häuschen bauen. So entstand 1920 eine Gartenkolonie mit 62 Häuschen. “In meinem Leben habe ich noch kein Gemüse im Supermarkt  gekauft. Wir hatten alles selber angebaut“, meint eine Bewohnerin. Doch bis auf ein paar wenige sind alle Häuser heute verlassen. Was war geschehen? Die Bundesbahn hat das gesamte Areal an einen Investor verkauft. Und die wollen bauen. 1800 Wohneinheiten sollen in Wohnblöcken  entstehen, die bis zu 12 Stockwerke haben. 1000 Bäume sind auf der Fläche gewachsen und haben sich  in 100 Jahren prächtig entwickeln können.

Im März 2021 hat der Stadtrat von München das Signal gegeben: „Der Käufer des  gesamtem Grundstücks  darf bauen“.  Ein Schrei der Entrüstung geht durch die empörten Bürger. Soll das grüne Paradies verschwinden?  Inclusiv Vögel, Kröten, Bienen, Igel und Schmetterlinge. Und für die Stadt war es eine Frischluftschneise, die nun von  Betonklötzen verbaut  wird.

Eine Gruppe hat sich organisiert, um dagegen zu kämpfen. Aber dieser Kampf scheint bereits verloren. Dieses Gelände hat 100 Jahre Geschichte geschrieben. Und deswegen hat ein Häuschen die Chance, diese Geschichte zu erhalten. Es soll angeblich stehen bleiben dürfen und an die alte Zeit erinnern als hier eine Gartensiedlung die Einwohner glücklich machte. 2024 soll der Baubeginn sei. Und dann werden, Bagger und Co die letzte Idylle in der Stadt München platt machen.

Aufgeschrieben Klaus Bichlmeier, Zeitreise Bayern. Foto K. Bichlmeier

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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