Grüne Woche Berlin Land- & Forstwirtschaft

Milch spielt große Rolle in Berlin

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

al-Unter den etwa 35000 Leuten, die bei der „Grünen Woche“ in Berlin unter dem Titel; „Wir haben es satt“ demonstrierten, waren auch heuer wieder viele Milchbauern, die mit niedrigen Preisen für ihre Milch zu kämpfen haben. Nach der Demo gingen etwa 600 von ihnen ins „City Cube“, neben den Ausstellungsgebäuden der Grünen Woche, zum Milchsymposium des BDM (Bündnis Deutscher Milchviehhalter e.V.). Wie immer bei diesem Symposium waren auch die Kreisverbände aus dem BGL und Traunstein stark vertreten.

Das Grußwort für die Bundespolitik sprach heuer Dr. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz. Dr. Jessel bat die Milchbauern um Offenheit und Mitarbeit für strukturelle und inhaltliche Veränderungen, die im Zuge der GAP-Reform zwingend nötigen Umwelt- und Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig müssten diese Veränderungen für die Landwirte aber auch leistbar sein, beteuerte Dr. Jessel. „Wir brauchen eine starke Kooperation zwischen Natur- und Umweltschutz, einer in die Zukunft gewandten Landwirtschaft und Verbraucherschutz, um den Spagat zwischen Klima-, Umwelt-, Natur- und Tierschutz zu schaffen“, sagte Dr. Jessel abschließend.

Das diesjährige Symposium stand unter dem Titel; „Dairy Together – global vernetzt für eine Michviehhaltung mit Zukunft“. Dieses Thema wurde unterstrichen durch die Anwesenheit von Vertretern von Milchbauernorganisationen aus den USA und Kanada, die die Situation auf dem nordamerikanischen Milchmarkt erläuterten. Weitere Mitglieder des Symposiums waren Herbert Dorfmann aus Südtirol, MEP und Berichterstatter des EP zur GAP 2020, Sieta van Keimpema aus Holland, Vorsitzende des „Dutch Dairymen Board“ und Vizepräsidentin des EMB (European Milk Board) und Hans Foldenauer, Sprecher des BDM. Moderatorin des Symposiums war Christine Schneider, die auch die Sendung; „Unser Land“ beim BR moderiert.

Als erster der Symposiumsteilnehmer sprach Darin von Ruden, Milchfarmer in dritter Generation, Präsident der „Wisconsin Farmers Union“ und Vorstandsmitglied der „National Farmers Union“, über die Bewegung; „Dairy Together“, mit der US-Milkfarmer auf politischen und medialen Ebenen, dringend nötige Veränderungen fordern. Gegenwärtig machten US Milkfarmer mit jedem Liter Milch Verluste, sagte von Ruden. Bei Vergleichen mit kanadischen Milkfarmern seien im US-System nötige Veränderungen sehr deutlich geworden. Wie die Dinge jetzt stünden, seien die Molkereien sehr mächtig und ließen bei Überkapazitäten die Milch einfach bei den Farmern stehen. Infolge dieser Missstände hätten allein in 2018 etwa 10% der amerikanischen Milchfarmer ihre Betriebe verlassen.

Murray Sherk, Milkfarmer und Vorsitzender der „Dairy Farmers of Ontario“, gab einen Überblick über das kanadische Milchmarktmodell und seine Vorteile für Milchviehhalter und den ländlichen Raum. Neue Handelsabkommen brächten zwar auch in Kanada erhöhten Druck auf die Farmer mit sich, sagte Sherk. Trotzdem seien die Milchpreise in Kanada in den letzten fünf Jahren stabiler geblieben als in Neuseeland und den USA. Die Politik überwache den Markt und versuche, den Druck etwas abzufedern. Prinzipiell sei es noch immer möglich, allein durch die Vermarktung von Milch und ohne Subventionen ein ausreichendes Einkommen zu erzielen. „Wir müssen nicht um Geld betteln“. Wichtige Faktoren dabei seien die Vermeidung von Überproduktion und Export.

Der Südtiroler Herbert Dorfmann stellte die gegenwärtige Art der Verteilung der Agrargelder von der EU infrage. Vielmehr als jetzt seien historisch gewachsene und soziale Strukturen zu berücksichtigen. Es mache sowohl in sozialer, als auch wirtschaftlicher Hinsicht einen Unterschied, ob es in einer Region 25 Betriebe gebe, oder nur einen großen. In erster Linie müsse es darum gehen Landwirtschaft statt Investmentfonds staatlich zu fördern. In Deutschland würde schon ein Drittel des Bodens von Investoren verwaltet. Der Beruf des Bauern müsse wieder attraktiver gemacht werden. Gegenwärtig seien 33 Prozent aller Bauern in Europa älter als 65, aber nur sechs Prozent jünger als 35 Jahre.

Sieta van Keimpema hieb in dieselbe Kerbe. Es sei leicht ersichtlich, meinte sie, wenn Erzeugerkosten und Milchpreise gegenüberstellt werden, warum keine Nachfolger für landwirtschaftliche Betriebe gefunden werden könnten. Das Einkommen eines Landwirts sei nur ein Drittel dessen eines Normalverdieners. Trotz dieser Schieflage, sehe die Politik tatenlos zu. Gleichzeitig hätte die Molkereiwirtschaft sogar während der mehrfachen Milchkrisen ihre Gewinne steigern können. Es sei absolut unerlässlich, die Landwirtschaft für die Jugend wirtschaftlich wieder interessant zu machen, sagte Keimpema abschließend.

BDM Sprecher Hans Foldenauer betonte, es sei auch nicht nur das „Geldverteilen“ von Fördermitteln, das anders gestaltet werden müsse, vielmehr müssten viel tiefgreifendere Änderungen geschehen, um insbesondere die Milchwirtschaft besser zu gestalten.

Der BDM Vorsitzende, Stefan Mann, sagte in seinem Fazit, dieses Symposium zeige einmal mehr, die Probleme der Milchviehhalter ähnelten sich fast überall. Wie in jeder Bewegung bedürfe es deshalb Vordenkern, die in der Lage seien, ihre Positionen, wie zum Beispiel in der BDM Sektorstrategie 2030, auch gegen Widerstände durchzusetzen.

Nachdem die Panelisten ihre Beiträge zum Symposium geleistet hatten, gab es eine Diskussion mit dem Publikum. Dabei wurden durchwegs die Meinungen der Teilnehmer auf dem Podium unterstützt und hinterfragt, warum die Politik dem Höfesterben mehr oder weniger tatenlos zusehe und es in Deutschland und der EU kein besseres System für den Milchmarkt geben könne.

Wie seit mehreren Jahren wurden auch heuer wieder Preise an Journalisten verliehen, die sich in ihren Beiträgen in besonderer Weise mit dem Milchmarkt und Milchviehhaltern beschäftigt hatten.

Für ihre besonderen Verdienste wurden schließlich vom neuen BDM Vorsitzenden Stefan Mann, die im vergangenen Jahr aus der Vorstandschaft des BDM ausgeschiedenen Siek Postma und Romuald Schaber geehrt, wobei Romuald Schaber zum Ehrenvorsitzenden des BDM ernannt wurde. An den Ehrungen nahm auch der neue Präsident des EMB, Erwin Schöpges teil. Beide Geehrten können demnächst hoch hinaus, denn als Geschenke wurden ihnen Gutscheine für Ballonfahrten überreicht.

War das Symposium bis hierhin von ernsten Themen geprägt, so war wenigsten der Ausklang ein fröhlicher mit Musik und Tanz und regen Unterhaltungen. Dazu konnte auch der Agrarminister von Schleswig-Holstein, Jan-Philipp Albrecht begrüßt werden, der es sich nicht nehmen ließ, in dieser ungezwungenen Ambiente den Milchbauern Mut zuzusprechen. Das Fazit der Besucher aus den Kreisen BGL und Traunstein war jedenfalls auch heuer wieder; „Berlin ist eine Reise wert“.

Bildtexte:          #. 347:  Als Symposiumteilnehmer konnten heuer vom Sprecher des BDM, Hans Foldenauer (r.), Darin von Ruden aus Wisconsin in den USA (l.) und Murray Sherk aus Ontario / Kanada (M.) willkommen geheißen werden.

#. 353:  Eine besondere Ehre erfuhren die im vergangenen Jahr aus der Vorstandschaft des BDM ausgeschiedenen Siek Postma (r.) und Romuald Schaber, wobei Schaber zum Ehrenvorsitzenden des BDM ernannt wurde. Rechts im Bild der neue 1.. Vorsitzende des BDM, Stefan Mann.

Fotos: Maria Mayer

#. 837:  Die meisten der Mitfahrer zur Demo und dem Milchsymposium in Berlin aus den Kreisen BGL und Traunstein bei einem Pausenstop.

Foto: Albert Aschauer

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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