Kirche

Marx: „Suchen Sie die Gemeinschaft, wo aufgebaut wird“

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Kardinal ruft bei Vollversammlung des Diözesanrats zu konstruktiver Teilhabe am kirchlichen Leben auf / Generalvikar Klingan informiert über Stand des diözesanen Gesamtstrategieprozesses.  Bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken hat Kardinal Reinhard Marx dazu angeregt, die Zukunft der Kirche reflektiert und konstruktiv mitzugestalten. „Suchen Sie die Gemeinschaft, wo aufgebaut wird. Durchaus kritisch, durchaus offen, aber doch in der Überzeugung: Wir feiern den lebendigen Gott in unserer Mitte.“ Trotz aller Krisen und schwerer Zeiten dürften „die Quellen der Freude nicht verschüttet“ werden, sagte der Erzbischof von München und Freising bei der erstmals online durchgeführten Vollversammlung am Samstag, 13. März.

Der Kardinal dankte den Vertreterinnen und Vertretern des Diözesanrats für ihr Engagement, das Hoffnung gebe, dass „wir aus der Corona-Zeit neue Ideen für die Zukunft der Kirche und unseres Gemeinwesens mitnehmen“ könnten. Die Frühjahrs-Vollversammlung, bei der auch Berichte aus der französischen Partnerdiözese Évry und aus dem Partnerland Ecuador gegeben wurden, zeige, „dass wir nicht um uns selbst kreisen, sondern schauen: Was ist mit der Welt los?“ Dazu ermuntere auch Papst Franziskus immer wieder. Die Kirche habe nur dann eine Zukunft in der Gesellschaft, „wenn wir uns engagieren für die anderen. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, an die Quellen gehen und das Projekt des Jesus von Nazareth für dieses Jahrhundert neu lesen und in Gang bringen“, so Marx. Das müsse „die Melodie sein, die in der Kirche spürbar ist“. Der Erzbischof betonte in seiner Ansprache zugleich die unbedingte Notwendigkeit, den in der Kirche geschehenen Missbrauch aufzuarbeiten und eine wirksame Prävention zu etablieren. Es sei bedauerlich, wenn gesagt werde, die Kirche habe in den zehn Jahren seit dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals von 2010 nichts gelernt. Es gebe Bereiche der Aufarbeitung und Prävention, in denen man noch besser werden müsse, jedoch gelte: „Die Aufarbeitung geht weiter und die Aufarbeitung geht tiefer.“ Die Erzdiözese München und Freising halte sich dabei an alle mit dem unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung abgesprochenen Kriterien und Vereinbarungen.

Zum Stand der Ökumene verdeutlichte Kardinal Marx: „Mir ist das im Laufe meines Lebens immer intensiver ein Lebensthema geworden“. Diskussionen über das Wie seien wichtig, jedoch sei auch klar, „es geht nicht darum, das katholische Profil einzuebnen“, sondern darum, „die Zukunft des Christentums in diesem Land gemeinsam zu gestalten“. Es gebe dabei keine einfachen Lösungen, jedoch müsse der Blick über die Bedenken um das eigene Profil hinausgehen mit dem Ziel, „den Glauben an Christus in den kommenden Generationen lebendig zu halten“. Dafür sei ein ökumenisches Miteinander von großer Bedeutung. Mit Blick auf den Synodalen Weg sagte Marx, man müsse anschauen, „wie wir heute das Evangelium zu verkünden haben und in welchen Formen wir das tun. Auch in welchen Strukturen und in welchen Ämtern wir das tun“. Sonst drohe man laut Marx, „den Übergang in die nächste Epoche des Christentums“ zu verpassen. Der Synodale Weg helfe, die dabei notwendigen Prozesse anzustoßen. Er markiere „nicht das Ende des Reformprojektes Kirche, aber ohne diesen Anfang wird es kein gutes Weiter geben“. Es sei wichtig, neu zu lernen, Einheit und Vielfalt zusammenzubringen. Dabei sei die „Verantwortung der Bischöfe und des Papstes besonders gegeben“, zugleich seien diese „nicht die einzigen, die das Wort Gottes empfangen, sondern das ganze Volk Gottes muss aufeinander hören“.

Der Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, Christoph Klingan, hat die Vollversammlung des Diözesanrats über den aktuellen Stand des laufenden Gesamtstrategieprozesses informiert. Das Ziel sei, „dass wir für uns inhaltliche Prioritäten formulieren, ein Leitbild entwickeln und dies mit den vorhandenen Ressourcen in Beziehung setzen, um verantwortliche Entscheidungen für ein wirksames Handeln der Kirche treffen zu können“, sagte Klingan. Um dem Titel des im Hebrst 2020 begonnenen Gesamtstrategieprozesses, „Wirkung entfalten, Kirche gestalten“ gerecht zu werden, brauche es den Einbezug aller Gläubigen: „Wir werden diskutieren, wie wir am besten für die Menschen da sein können, auch unter sich verändernden Rahmenbedingungen“, sagte Klingan. „Dazu gehört auch die Frage: Wen möchten wir erreichen? Richten wir den Blick vor allem auf unsere Mitglieder oder alle Menschen?“ Die Erzdiözese München und Freising hatte im November und Dezember 2020 eine breit angelegte Befragung mit fast 10.000 Teilnehmenden durchgeführt, um die Erwartungen der Menschen an kirchliche Angebote besser zu verstehen. Die Ergebnisse dieser Befragung fließen in den Gesamtstrategieprozess ein. Der Generalvikar stellte die im Zuge des Prozesses definierten sechs Arbeitsfelder vor. Im Mittelpunkt steht die Seelsorge unter dem Leitbegriff „Kirche vor Ort“, der sich die zwei Schwerpunkt-Gruppen „Seelsorge nach Lebensalter“ und „Seelsorge nach Lebenssituationen“ widmen. Zudem wurden die Schwerpunkte „Bildung“, „Caritatives Handeln“, „Kunst, Musik & Kultur“ sowie „Kirche im Dialog & in Kooperation“ definiert. Zu jedem der Themenfelder sind eigene Arbeitsgruppe aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden, Menschen, die die jeweiligen Angebote wahrnehmen sowie Experten und Expertinnen gebildet worden. In den Arbeitsgruppen werde laut Klingan diskutiert, „in welchen Bereichen die Erzdiözese künftig Schwerpunkte in ihrem Handeln setzt und wie es gelingen kann, sich angesichts der aktuellen Herausforderungen gut aufzustellen und als Kirche wirkungsvoll zu agieren“. Das Ziel sei, strategische Ziele für den jeweiligen Bereich zu definieren, damit diese zu einem Zielbild für das zukünftige Handeln der Erzdiözese beitragen können. Die Aussendung der Teilnehmenden der Arbeitsgruppen in ihre Arbeitsfelder ist laut Klingan nach den Osterferien in einem Gottesdienst mit Kardinal Marx geplant. Informationen zum Strategieprozess können laufend unter www.erzbistum-muenchen.de/strategieprozess abgerufen werden.

Schwerpunkt der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats unter dem Titel „Erzbistum in der Coronakrise – Rückblick und Ausblick“, zu der rund 160 Teilnehmende aus den Pfarrgemeinderäten und Verbänden online zusammenkamen, war die konstruktive Auseinandersetzung mit den Erfahrungen aus den Corona-Monaten. Zu Themen wie „Pfarreien im pastoralen Ausnahmezustand“, „Staat und Kirche als Akteure in der Corona-Krise“, „Seelsorge und diakonischer Dienst trotz Gefährdungslage“, aber auch „Pandemie und Weltverantwortung“ wurde referiert und diskutiert. Nachdem die Frage „Was können wir als Kirche, als Räte aus der Krise lernen?“ im Plenum besprochen wurde, folgte der Bericht zur Lage des Erzbistums, bei dem neben Kardinal Marx und Generalvikar Klingan auch Diözesanratsvorsitzender Tremmel zur Vollversammlung sprach. Zum Abschluss feierte Kardinal Marx im Münchner Liebfrauendom einen Gottesdienst mit Teilnehmenden der Vollversammlung. Der Diözesanrat der Katholiken ist das oberste Laiengremium der Erzdiözese. In die Vollversammlung werden Vertreter der Dekanatsräte, die sich wiederum aus Vertretern der Pfarrgemeinderäte zusammensetzen, sowie Vertreter der katholischen Verbände und Organisationen entsandt. Die mehr als 200 Mitglieder des Diözesanrates treffen sich jeweils im Frühjahr und im Herbst zu ihren Vollversammlungen. (hs)

Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat – Foto: Hötzelsperger

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Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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