Aus dem Nachlass des Künstlerhauses von Käthe Seele und Franz Sales Gebhardt (1895 bis 1969) auf dem Westerbuchberg bei Übersee sind einige künstlerische Arbeiten befreundeter Malerinnen und Maler erhalten. Sie stehen im Fokus der neuen Ausstellung in der „kleinsten Galerie Deutschlands“, das heißt im Atelierfenster von Bildhauer Carsten Lewerentz an der Hauptstraße 31 in Staudach-Egerndach.
Damit erinnert das Atelierfenster an Kunstschaffende, die vor 100 Jahren politische und gesellschaftliche Umbrüche zum Teil sehr schmerzhaft erleben mussten. Alle waren geprägt von eigenen Kriegserfahrungen als Soldat oder von den Einschränkungen, ihren Beruf frei ausüben zu dürfen. So auch der Gastgeber, Franz Sales Gebhardt-Westerbuchberg selbst, dessen Leben auch gekennzeichnet durch zwei Weltkriege war: mit zunehmendem Alter wendete er sich vielfach religiösen, oft düster-dramatischen Motiven zu, was wohl auf seine Erlebnisse als Bildberichterstatter während des Zweiten Weltkriegs zurückzuführen ist.
Bei den Künstlerfreunden des Ehepaars verbirgt sich hinter jedem Wikipedia-Eintrag wie ihrem Werk eine Lebensgeschichte aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie verdeutlichen auch den ungeheuren Wert von Freiheit, Frieden, Wohlstand und Vielfalt.
Als „Verleugnung der Menschlichkeit“ bezeichnete zum Beispiel der österreichische Maler und Bildhauer Christian Hess (1895 bis 1944) die erlebten Gräuel an der belgischen Front 1916/17. Flucht blieb oft der einzige Ausweg, den Kunstschaffende fanden.: Flucht ins Ausland, zur Natur, Familie, Religion … . Andere, wie Ella Steinhardt (1890 bis 1941), fanden keinen Ausweg mehr aus der Unmenschlichkeit dieser Zeit: sie wurde als Jüdin 1941 von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet. Zwei Radierungen im Atelierfenster, Ansichten aus Wasserburg 1921, erinnern an sie. Weiter sind Arbeiten von Adolf Jutz (1887 bis1945), Hugo Troendle (1882 bis 1955), Franz Naager (1870 bis 1942), Georg Doll (1901 bis 1973), Elisabeth Kronseder (1890 bis 1990), Grete Huchler (1916 bis 1993), Leo von Welden (1899 bis 1967) und Georg Zeidler (1860 bis 1915) zu sehen.
Die kleine Präsentation mit viel Stoff zum Nachdenken ist bis Sonntag, 15. Juni, zu sehen. Das Atelierfenster ist in den Abendstunden ab 17 Uhr beleuchtet. Es liegt ein Heft für die gern gesehenen Gedanken und Kommentare der Betrachter aus.
Bericht und Fotos: Christiane Giesen:
Ein Blick in die neue Ausstellung im Atelierfenster von Carsten Lewerentz in Staudach Egerndach.
Eine Zeichnung von Franz Naager, gewidmet Käthe Seele zu Weihnachten 1940.