Brauchtum

Kematen: Restauriertes Wahrzeichen für Brauchtum gesegnet

Im neuen und frischen Glanz strahlt sie wieder, die erste Vereinsfahne vom Trachtenverein GTEV „Edelweiß“ Dettendorf-Kematen aus dem Jahre 1923. Nach einer aufwendigen Restaurierung von knapp 10.000 Euro, bei Fahnen „Kössinger“ in Regensburg wurde das „Wahrzeichen für Brauchtum und Bodenständigkeit“ – Zitat des ersten Vorstands Martin Impler mit einer würdevollen Andacht wieder seiner Bestimmung übergeben.

Zahlreiche Trachtler des traditionsreichen Vereins zur Bewahrung von Heimat, Sitte, Tracht und Brauchtum, sowie Hans Beham, ehemaliger Gebietsleiter vom Gebiet Mangfall in Gauverband 1 hatten sich im Obstgarten der Familie Impler in Kematen zu einer Andacht mit Segnung ihres „Orientierungs- und Richtungszeichen“ eingefunden. Den kirchlichen Rahmen, musikalisch gestaltet von der Trachtenkapelle Dettendorf, hatte Barbara Huber als ehrenamtliche Wortgottesdienstleiterin vorbereitet. Den Segen der Fahne mit seinen Trägern sowie eines neuen Fahnenbandes, spendete Pater John, Geistlicher der Pfarrei St. Martin Au, Kematen/Dettendorf. Selbst der Himmel war den Trachtler gnädig und präsentierte sich, passend zu Mariä Himmelfahrt in herrlichem Weiß-Blau und strahlend heißer Sommersonne.

Wie Barbara Huber zu Beginn der Andacht erklärte, hätten Fahnen und Flaggen seit es Menschen gibt eine wichtige Rolle als Kampf-, Sieges- und Herrschaftszeichen gespielt. Sie gelten aber auch als Symbol und Zeichen der gemeinsamen Herkunft. Beim örtlichen Trachtenverein sind es die beiden Kirchen von Dettendorf und Kematen auf einer Seite der Fahne. Die zweite Seite ziert ein Bild mit dem Kemater Schutzpatron dem Heiligen Martin als Reitermann und der legendären Mantelteilung mit dem Bettler. .

Wie Vorstand Martin Impler während der geselligen Nachfeier am Gasthof Weingast erläuterte, wurde der Trachtenverein 1908 gegründet. 1913 werden ein Fähnrich und eine Standarte aus Birkenholz, angefertigt von Wolfgang Bernrieder erwähnt. Das Bild der Standarte stammte von Maurermeister Johann Kammerloher aus Dettendorf. Leider ging die Vereinszierde, vermutlich während des II. Weltkriegs verloren.

Vor 1923 wurde eine neue Fahne bei Firma Maria Auer in München bestellt. Zur Finanzierung gab es einen sogenannten Fahnenbaum. Dazu hatten junge Burschen fleißig Holz gesammelt und in Dettendorf und Sonnenham einen Ganter (Lagerbaum) angefertigt, wo Bauern ihre „Fahnenbäume“ als Spende ablegten. Als die fertige Fahne erworben wurde herrschte Inflation und die Vereinszierde dürfte wohl einige Billionen Mark gekostet haben. Für eine Maß Bier bezahlten Durstige „1.000 Mark!“ Am Pfingstmontag 1923 war Fahnenweihe in Dettendorf mit der stolzen Fahnenmutter Margarete Kreuzmaier aus Kematen und Fahnenbraut Leni Singer aus Unterhofen. Als Patenverein fungierten die Oberlandler aus Bad Aibling. Wie in den Chroniken von damals festgehalten, dürfte die Fahne zu den schönsten im Gauverband 1 gezählt haben.

Prunkstück sei die Figur des „Schmied von Kochel“ aus Bronze, so Impler weiterführend. Diese sollte in Folge eines Befehlserlasses der nationalsozialistischen Machthaber abgeliefert und für Kriegszwecke verwendet werden. Dem damals wagemutigen Fähnrich Johann Feller und dem Kassier Sebastian Ellmaier war es zu verdanken, dass Zierde auf der Fahnenspitze zwischenzeitlich gut versteckt nach dem Krieg wieder auftauchte.

1955 wurde diese Fahne erstmals restauriert und am Pfingstmontag im selben Jahr am Hormeier Kreuz in Dettendorf eingeweiht. Fahnenmutter war Therese Hormeier und Fahnenbraut Helene Ellmeier. Für die Renovierung, die 570 DM kosten sollte, zeichnete Frau Höllriegel verantwortlich. Die Finanzierung erfolgte durch „Eisernes Sparen“ und Erlösen aus zwei Heimatabenden und Christbaumversteigerungen.

Eine neue Fahne, hergestellt von der Fahnenstickerei „Kössinger“ aus Schierling bei Regensburg wurde 1988 erstanden und eingeweiht. Die alte Fahne sollte auf Beschluss der Vorstandschaft sowie der Mitglieder erhalten bleiben und bei größeren Trachtenfesten und bei Gaufesten mitgeführt werden. Allerdings war eine erneute Restaurierung erforderlich und 2020 in Auftrag gegeben. Zur Finanzierung kam dem Trachtenverein großzügige Spende in Höhe von 10.000 Euro zur Hilfe. Diese stammt vom ehemaligen Vereinsmitglied Wolfgang Stadler aus Dettendorf, als Hinterlassenschaft nach seinem Ableben. Als Zeichen der Dankbarkeit und Erweisung der besonderen Ehre ziert das gesegnete Fahnenband die restaurierte Fahne.

Bericht und Fotos: Peter Strim, Trachtenverein Dettendorf

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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