Kirche

Kardinal Marx und Landesbischof Bedford-Strohm gedenken der ersten Deportation von Münchner Juden 1941

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Bei einer Gedenkveranstaltung im Münchner Stadtteil Milbertshofen-Am Hart haben Kardinal Reinhard Marx und der Evangelisch-Lutherische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm an die erste Deportation von Münchner Juden am 20. November 1941 erinnert. „Das Schweigen, die Teilnahmlosigkeit, das Wegschauen der Bevölkerung und auch der Kirche sind von heute aus gesehen beschämend und unverzeihlich“, so der Erzbischof von München und Freising: „Ohne Zweifel müssen wir sagen: Auch die Kirche, voran die Bischöfe, sind durch Schweigen schuldig geworden.“ Landesbischof Bedford-Strohm sagte. „Voller Scham müssen wir heute feststellen, dass die Kirchenleitungen nicht bereit waren, sich dieser Deportation offiziell entgegen zu stellen und dagegen politisch aktiv zu werden.“ Zu der Gedenkveranstaltung hatten die Gemeinschaft Sant’Egidio und die Israelitische Kultusgemeinde eingeladen. Neben Kardinal Marx und Landesbischof Bedford-Strohm sprachen auch Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Ursula Kalb und weitere Vertreter von Sant’Egidio sowie Vertreter der Stadt München.

Bedford-Strohm sagte, ihn habe das Wort eines amerikanischen Theologen erschreckt, der mit Blick auf die Shoa gesagt hatte: „Nicht alle Christen waren Mörder, aber alle Mörder waren Christen.“ Diese Erkenntnis ermahne heute alle, „mutig zu bekennen und auszusprechen, wo Unrecht geschieht“ und gegen Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit aufzustehen. Es gelte, den heutigen Antisemitismus wahrzunehmen und zu bekämpfen. Der Landesbischof rief dazu auf, „klar zu widersprechen, wenn versteckte oder offene rechtsradikale Auffassungen heute wieder salonfähig gemacht werden sollen – das heißt für uns Christen heute, das Evangelium von Jesus Christus sichtbar zu bezeugen“.

Marx unterstrich: „Der Weg bis zum 20. November 1941 war ja von vielen Seiten – auch von Christen – bereitet durch Hetze und entwürdigendes Verhalten gegenüber den jüdischen Mitbürgern. Das darf sich nie mehr wiederholen. Und deshalb gilt: Christen und Juden werden sich in diesem Land, in dieser Stadt nie mehr gegeneinanderstellen. Gerade in Zeiten eines neuen Antisemitismus müssen und werden wir dieses Zeugnis des Miteinanders setzen.“

Veranstaltungsort des Gedenkens war der Vorplatz des Gymnasiums München-Nord, in dessen Nähe sich das damalige sogenannte Judenlager Milbertshofen befand. In den frühen Morgenstunden des 20. Novembers 1941 fuhr vom Güterbahnhof Milbertshofen der erste Deportationszug nach Osteuropa ab mit 1.000 Juden, darunter 130 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Wenige Tage später wurden die Menschen, mehr als die Hälfte von ihnen Frauen, erschossen. Damit jährt sich die Deportation der ersten größeren Gruppe von Juden aus München heuer zum 79. Mal. Aus diesem Anlass wurde der Millionen insbesondere jüdischen Opfer gedacht, die auf Basis der Nationalsozialistischen Ideologie denunziert, ausgegrenzt, ihrer Rechte entäußert und zuletzt deportiert und unter grausamsten Bedingungen ermordet wurden. Die Gedenkveranstaltung wurde unter http://link.fr.to/deportationsgedenken2020 live ins Internet übertragen. (jm/kbr/uq)

Bericht: Erzbischöflciches Ordinariat – Bildquelle: stock.adobe.com | Bergringfoto

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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