Es ist die Ironie des Schicksals: Als Ende März 1980 einige Drachenflieger aus München die Kampenwand als Fluggebiet für sich entdeckt hatten, beschlossen sie, einen Verein zu gründen – die Kampenwand-Flieger oder, wie er offiziell heißt, den „Drachen- und Gleitschirmflieger-Club-Aschau-Kampenwand“ (DGFCAK). Heute gibt es gerade noch einen Drachenflieger im Club, und der darf nicht einmal mehr nach oben fahren. „Die neuen Drachen sind länger als früher, dafür ist die Kampenwandbahn nicht gemacht“, sagt die Vereinsvorsitzende Andrea Dorsch. Schon seit vielen Jahren stellen die Paraglider die Mehrheit – 110 sind es derzeit.

Natürlich ist sie selbst auch Gleitschirmfliegerin und sie weiß um die Vorteile ihrer Leidenschaft: „Gleitschirme sind handlich und passen in einen Rucksack. Man kann mit ihnen auch zu Fuß nach oben gehen und dann abfliegen.“ Praktisch war das vor allem, während all der Corona-Einschränkungen, als keine Bahn mehr fuhr. Diese Zeiten sind hoffentlich vorbei. Nun sind alle Mitglieder zu Beginn der thermikreichen Frühjahrssaison voller Vorfreude, dass der Flugbetrieb auf der Kampenwand wieder Normalzustand erreicht.

Klar, fliegen kann man auch allein und ohne Vereinszugehörigkeit. Doch schöner ist es dann doch unterm Dach eines Clubs. „Es gibt doch nichts Schöneres, als nach dem Flug mit Gleichgesinnten über die Erlebnisse zu ratschen“, sagt Andrea Dorsch. Die Kampenwand-Flieger tun dies vor allem neben dem Landeplatz am Hochseilgarten in Aschau. Dort gibt es auch die passenden Getränke dazu. Oder man trifft sich zum monatlichen Stammtisch in einer der Aschauer Gaststätten. Dort wird auch über eventuelle Ausflugsziele gesprochen, die der Verein bei seinem traditionellen Osterausflug ansteuern kann. Wohin geht’s in dieser Saison? Andrea Dorsch: „Da haben wir entweder etwas in Italien oder Kärnten im Visier.“ Am Ende geben die Wetterprognosen den Ausschlag, schließlich wollen die Vereinsmitglieder auch bei gemeinsamen Unternehmungen durch die Luft schweben. „Wir fahren aber immer in Fluggebiete, die für jeden etwas bieten“, erzählt die Vorsitzende und erklärt gleich ein Merkmal des Vereins: „Wir haben sehr viele aktive Mitglieder, von denen aber viele keine großen sportlichen Ambitionen haben, sondern vor allem aus Spaß am Fliegen in die Luft gehen. Einen Paragliding-Worldcup-Teilnehmer haben wir trotzdem in unseren Reihen.“

Wer das Gleitschirmfliegen lernen möchte, kann dies übrigens nicht in einem Verein tun, angehende Paraglider müssen in einer Flugschule beginnen. Was die Kampenwand-Flieger allerdings anbieten, sind immer wieder Sicherheitstrainings, in denen die Mitglieder Dinge wie das „Rettungswerfen“ eines Fallschirms, oder das Handling des Schirms in Notsituationen üben können. Im Winter, wenn die Thermik Pause macht und es kalt ist in der Höhe, gibt es auch das sogenannte „Saison-Abfliegen“, bei dem man kleinen Hängen Starts und Groundhandling übt, den Schirm fast ohne abzuheben über sich aufsteigen lässt. „Dieser Spaß für unerfahrene Flieger bis hin zu den Profis verhilft uns dann zu einem sicheren Gefühl bei schwierigen Startsituationen“, sagt Andrea Dorsch.

Ein ganz wichtiges Thema bei den Kampenwand-Fliegern ist auch der Schutz von Ronja und Otto. So heißen die beiden Steinadler, die im Priental leben und brüten. Zum Schutz der seltenen Raubvögel hat der Verein die Schirmherrschaft über die Adler übernommen. Dabei übernehmen in der Mehrzahl Nichtflieger, die auch nicht im Club sind, das Adlermonitoring. Andrea Dorsch: „Sie beobachten mit Ferngläsern das Brutverhalten der Adler. Denn ein brütendes Paar darf nicht gestört werden. Wenn wir wissen, wann und wo das der Fall ist, fliegen wir an dieser Stelle nicht mehr.“

Die Adler zu schonen und partnerschaftlich mit ihnen den Luftraum teilen ist eine Aufgabe der Vereinsmitglieder. Eine andere ist es, das Fluggelände zu sichern. Hier sind oft Gespräche mit dem Forstamt nötig, wenn etwa am Startplatz störende Bäume gekappt werden müssen oder die Bodenbeschaffenheit bei Start- und Landeplatz verbessert werden muss. „Die Sicherheit des Geländes und damit der Flieger muss einfach gewährleistet sein“, sagt die Vorsitzende. Zudem kämpft sie um einen weiteren Landeplatz in Aschau, der dann ein gutes Stück näher an der Talstation sein soll. So wird der nach ihrer Einschätzung „kleine, feine und exklusive Club“ vielleicht für noch mehr Menschen interessant. Denn Andrea Dorsch ist überzeugt: „Wir sind ein vielseitiger Club und haben die gute Mischung aus Jugend, Freizeit, Spaß und Sport.“

Text: af – Fotos: re

Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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