Brauchtum

Hinterskirchener Trachtler trauern um Hans Speer

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Nachruf für Johann Speer – Bädahingerl – Hans vo Hungerham – Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande – Ehrenvorstand vom Trachtenverein Hinterskirchen – Ehrenbürger der Gemeinde Neufraunhofen

Hinterskirchen. Nach kurzer schwerer Krankheit verstarb am 23. Februar der Austragsbauer Hans Speer aus Hungerham bei Hinterskirchen. Hans Speer wurde am 19.Juni 1926 in Hungerham als Sohn der Eheleute Sebastian und Elisabeth Speer geboren. Neben zwei Geschwistern wuchs er hier auf und besuchte von 1932 bis 1939 die Volksschule in Hinterskirchen. Bereits mit 17 Jahren wurde er im Oktober 1943 zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Durch eine Verwundung an der rechten Schulter am 06. März 1945 und anschließender Gefangenschaft kam er im September 1945 zurück. Daheim angekommen arbeitete er auf dem elterlichen Betrieb und besuchte von 1951 – 1953 die Landwirtschaftsschule in Vilsbiburg. 1955 heiratete er Irmgard Bauer aus Bichl und übernahm den Betrieb der Eltern 1958.  Drei Töchter gingen aus dieser Ehe hervor. Hans hatte Vier Enkelkinder, die ihm große Freude bereiteten. Mit seiner Irma konnte er die goldene Hochzeit in einem großen Rahmen feiern. Auch sein 85. Geburtstag und vor allem sein 90. Geburtstag waren ein schönes Fest. 1991 übergab er den Betrieb an seine jüngste Tochter Veronika und Schwiegersohn Hubert. Ab diesem Zeitpunkt konnte er sich ausgiebig seiner Leidenschaft dem Brauchtum, den Vereinen und der Gemeinde widmen. Dazu gehörte auch das Schuxn-Bacha, dass er an Interessierte gerne bei einem privaten Backkurs weitergab. Die Verteilung des „Vilstalboten“ gehörte ebenfalls zu den festen Terminen wie die Chorprobe am Donnerstag. Am 11. Mai 2019 erlitt er eine Gehirnblutung. Ab diesem Zeitpunkt war das Leben nicht mehr wie zuvor. Unzählige Krankenhausaufenthalte waren nun Teil des Lebens. Am 23. Februar 2021 konnte der friedlich einschlafen.

Die Aktivitäten von Hans Speer in den Ortsvereinen und in der Gemeinde.

Bereits 1942 im Alter von 16 Jahren ist der Hans der FFW beigetreten. In der Kriegszeit wurden die Buben schon in diesem Alter zum Feuerwehrdienst herangezogen, um die Einsatzbereitschaft der Wehr, während des Krieges zu gewährleisten. Nach dem Krieg hat er sich am Wiederaufbau der Feuerwehr sehr aktiv beteiligt. Unter anderem hat er auch die Feuerwehrschule in Regensburg besucht. Nach seiner aktiven Zeit hat er sich rege am Vereinsleben der FFW beteiligt und bis ins hohe Alter die Veranstaltungsblätter aller Vereine ausgetragen. Bei der Generalversammlung 2018 wurde der Hans für 75-jährige Mitgliedschaft in der FFW geehrt. Er war einer von den letzten, die noch über Kriegserlebnisse berichten konnten und der Letzte, der aktiv an Kriegshandlungen teilgenommen hat. Am 19.10.1943, mit 17 Jahren, ist er nach Augsburg eingezogen worden und dann an die Ostfront nach Polen. Nach einer schweren Verwundung geriet er in Gefangenschaft, und nach einem halben Jahr wurde er entlassen und kam wieder nach Hause. Nach dieser schweren Zeit war es für Ihn selbstverständlich, dass Er Mitglied bei der KSK Hinterskirchen wurde und auch hier war er maßgeblich am Aufbau und am Erhalt des Vereins beteiligt. Über 70 Jahre war er Mitglied bei der KSK. 30 Jahre war er 2. Vorstand und bei 2 Gründungsfesten, dem 75-jährigen und dem 100-jährigen, wirkte er im Festausschuss mit. Bis zuletzt war er bei der KSK als Beisitzer in der Vereinsführung. Nach dem Krieg, als die Schützenvereine wieder erlaubt waren, war es für Ihn selbstverständlich, auch dort Mitglied zu werden. Beim Festabend zum 100-jährigen Gründungsfest der Edelweißschützen hat er für seine langjährige und treue Mitgliedschaft eine Ehrung bekommen. Auch in der kommunalen Gemeinde war der Hans sehr aktiv. Von 1960 bis 1972 in der damaligen Gemeinde Vilslern und dann von 1978 bis 1990 in der Gemeinde Neufraunhofen war er Gemeinderat. Dafür und für seine Arbeit in der Öffentlichkeit bekam er 1987 die Bürgermedaille der Gemeinde Neufraunhofen, 1995 das Ehrenzeichen des bayerischen Ministerpräsidenten, 1998 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 2006 ernannte ihn die Gemeinde Neufraunhofen zum Ehrenbürger. Am 30. Dezember 1946 hat er mit sechs weiteren Burschen den Heimat- und Volkstrachtenerhaltungsverein Hinterskirchen gegründet und am 1. Februar 1947 wurde er zum 1. Vorstand gewählt und ist das bis zum 30.Mai 1998, also 51 Jahr geblieben. Im Jahre 1947 bis 1949 war der Hans mit einigen Vereinsmitglieder beim Bau des Hinterskirchener Pfarrhauses maßgeblich beteiligt und im Jahr 1967 war Er mit dem Trachtenverein beim Bau der Ramplhalle anlässlich der 2. Fahnenweihe des Vereins im Einsatz. Auch seine Irma war von Anfang an Mitglied im Trachtenverein und mit der Hochzeit war der Grundstein für die Fam. Speer gelegt. Da Hans, die Irma und nach und nach auch die Kinder und Enkel waren und sind Mitglied im Verein. In Hungerham war für lange Zeit Anlaufstelle und Zentrale für den Trachtenverein. Beim Bädahingerl in der guten Stube waren die Kindertanzprobe und wenn man etwas für die Tracht brauchte, ist man nach Hungerham gefahren. Da Hans hat in der langen Zeit den Verein von Gebirgs- auf Volkstracht umgestellt und in ganz Bayern bekannt gemacht. Und des wichtigste war ihm immer die Jugend. Nur wenn die jungen Leute mitmachen geht’s mit dem Verein und a mit dem Leben im Dorf Hinterskirchen weiter, war seine feste Überzeugung. Den Trachtenverein Hinterskirchen, unsere Tracht und auch das Dorf kennt man nicht nur in Bayern, sondern auch die Trachtler aus dem Deutschen Trachtenverband und damit aus allen Bundesländern, wissen, wo Hinterskirchen ist und was wir für eine Tracht haben. Daran hat der Hans bis zu Letzt einen großen Anteil gehabt und als wir zur Tracht des Jahres gewählt wurde war er natürlich und mit dabei. 1989 bekam er für seine Arbeit in der Trachtensache das Goldene Ehrenzeichen des Isargaues im Bayerischen Trachtenverband.  Ein paar ganz besondere Auftritte in der Vereinsgeschichte waren die Abschlussfeier der Olympiade in München, die Eröffnung der olympischen Spiele in Montreal und eine Papst-Audienz 1994 mit 65 Hinterskichener Trachtlern.  In der langen Zeit gab es so viele Veranstaltungen, Feste und besondere Anlässe, dass die hier nicht alle aufgezählt werden können. 102 Theaterstücke wurden unter seiner Regie aufgeführt und 79-mal hat er auch Hauptrolle gespielt. Bis zuletzt, so lange es die Gesundheit zuließ war er als Ehrenvorstand und Trachtenwart voll im Einsatz. Und hier noch ein Zitat aus seinem Lebenslauf: In den schweren Abwehrkämpfen an der Neiße, wo viele Kameraden um mich, dem Krieg zum Opfer fielen und die Lage aussichtslos war gelobte ich der „lieben Frau von Hinterskirchen“ der Patronin unseres Heimatdorfes, wenn ich da lebend herauskomme und meiner Bayerischen Heimat ein Inferno erspart bleibt, alles zu tun was meiner Heimat würdig ist.

Durch die besonderen Umstände konnte die Trauerfeier nur im kleinsten Rahmen durchgeführt werden. Kaplan Weinzierl zelebrierte sehr feierlich den Trauergottesdienst. Der Hinterskirchener Kirchenchor umrahmte den Gottesdienst mit Liedern die der Verstorbene schon selbst unzählige Male mitgesungen hatte. Vor allem das „ Feirerobn`d Lied“ gesungen von Eglhuber Xaver war sehr ergreifend. Seit 1950 hat Hans Speer in Hinterskirchen im Kirchenchor gesungen.2015 wurde ihm dafür vom Amt für Kirchenmusik eine Dankesurkunde für 65jährige Treue ausgestellt. Gleichzeitig sang er im Männerchor von Neufraunhofen mit großer Begeisterung mit.Sobald des wieder möglich ist, wird es einen Gedenkgottesdienst der Ortsvereine geben, bei dem alle Hinterskirchener und alle Trachtler die Möglichkeit haben von unserem Hans Abschied zu nehmen.

Foto (privat) – Hans Sperr verstarb wenige Monate vor seinem 95.Geburtstag

Bericht:  Hans Kronseder

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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