Natur & Umwelt

Fischerei-Bericht für Oberbayern

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Große Herausforderungen in Gestalt von Wetterextremen oder invasiven Tierarten bleiben der Fischerei Oberbayerns erhalten. Doch es gibt Grund zur Hoffnung – dank engagierter, lösungsorientierter Menschen. Im Bau- und Umweltausschuss des Bezirks Oberbayern blickte der Leiter der Fachberatung für Fischerei, Dr. Bernhard Gum, auf das Fischerei-Jahr 2024 und berichtet über erfreuliche Entwicklungen im Chiemsee, erfolgreiche Artenschutzprojekte, aber auch eine neue Muschelart, die für Argwohn sorgt.

Die Seeforelle folgte dem positiven Trend der vergangenen Jahre: So wurden im Tegernsee immer mehr größere Exemplare gesichtet. Insgesamt gingen 290 Kilogramm Seeforellen als Beifang ins Netz – deutlich mehr als in den Vorjahren. Das ist nicht zuletzt ein Erfolg jahrelanger Nachzucht und Besatzmaßnahmen der Fachberatung sowie der Fischerei Tegernsee. Für die anderen großen oberbayerischen Seen wie Königssee und Chiemsee stellte die Fachberatung zusätzlich etwa 50000 junge Forellen bereit. Selbst sehr seltene Arten wie der Perlfisch oder die Mairenke werden wieder angesiedelt. So fanden 200000 junge Perlfische ein neues Zuhause in der Oberen Alz (Abfluss des Chiemsees). Auch die vom Aussterben bedrohte Bachmuschel soll in den Flüssen Attel, Kalten und Rott in den Landkreisen Rosenheim und Ebersberg wieder eine Heimat finden – dank eines aus Mitteln der Fischereiabgabe mit rund 100.000 Euro geförderten Projekts. Ausgelegt ist die gemeinsame Initiative der Fachberatung für Fischerei und des Oberbayerischen Fischereiverbands auf sechs Jahre. Sie läuft noch bis 2030 und womöglich darüber hinaus.

Renke ist Spitze

Die Fangerträge im Jahr 2024 waren an einigen oberbayerischen Seen erfreulich: Am Chiemsee wurden etwa 90 Tonnen Fisch von den Seenfischereibetrieben gefangen – 2023 waren es 74 Tonnen. „Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich“, freute sich Gum über den Ertrag. Wichtig zu erwähnen sei, dass die Seenfischerei schon immer auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist. Das heißt, es werden nur so viele Fische gefangen wie nachwachsen. Zudem wurden von der Fischereigenossenschaft knapp 800 Liter befruchtete Renken-Eier gewonnen und ins Fischbruthaus nach Prien a. Chiemsee gebracht. Damit werden die Bestände des wirtschaftlich so wichtigen „Brotfisches“ langfristig unterstützt. Im bundesweiten Vergleich, so Gum, liege man mit dieser Menge sogar an der Spitze. Auf der anderen Seite trübt ein neuer Bewohner den Erfolg: Denn im Chiemsee wurde Ende des Jahres erstmals die „Quagga-Muschel“ entdeckt. Diese Muschelart stammt ursprünglich aus dem Schwarzmeerraum, breitet sich aber allmählich in den oberbayerischen Seen aus – durch Boote eingeschleppt. Auch im Bodensee kommt sie bereits vor und vermehrt sich drastisch. Inwiefern sie das Leben und die Wasserqualität im See beeinträchtigt, ist noch ungewiss. Ein Forschungsprojekt widmet sich der braunen, gestreiften Muschel, die sich kaum von der nah verwandten Dreikant-Muschel unterscheidet. „Quagga-Muscheln“ ernähren sich von Plankton und machen damit Fischen wie der Renke Konkurrenz bei der Nahrungssuche.

Fischotter bedroht Existenzen

Neben den schon lange bestehenden Belastungen wie dem Ausbau von Gewässern verursachen auch Fischotter, Kormorane und Gänsesäger große Verluste in Teichen und offenen Gewässern. Besonders Karpfen- und Forellenteiche sind vom Fischotter betroffen. Auch Biber, die Dämme bauen und dadurch Teiche trockenlegen, werden zum Risiko. Das hat immer öfter zur Folge, dass Teiche nicht mehr bewirtschaftet werden und einige Betriebe aufgeben: „Ein Trauerspiel, denn das sind alles Familienbetriebe – hier braucht es dringend praktikable Lösungen“, so der Fachberater. Einige Betriebe setzen auf sogenannte Agri-PV-Anlagen. Dabei handelt es sich um Solardächer, die über Fischteichen angebracht werden. Sie schützen die Fische vor Sonne und Fressfeinden, kühlen das Wasser und liefern saubere Energie. Auch moderne Kreislaufanlagen, bei denen das Wasser gefiltert und wiederverwendet wird, könnten die Fischzucht nachhaltiger und wirtschaftlicher machen. Bayern hat hier viel Potenzial, aber es braucht mehr Unterstützung und weniger Bürokratie, appelliert Gum.

Auswirkungen des Klimawandels

Ein massives Problem bleibt der Klimawandel. Nachdem in den Vorjahren vor allem Hitze und sinkende Wasserstände zu Fischsterben sorgten, führten 2024 heftige Starkregen zu Schäden durch Überschwemmung. Die damit eingeschwemmten Sedimente und Nährstoffe belasteten vor allem kleinere Gewässer. Die positiven Entwicklungen im Wasser- und Grundwasserhaushalt aus dem Jahr 2024 – etwa steigende Pegelstände und eine Erholung des Seeoner Sees – waren nur von kurzer Dauer. Die anhaltende Trockenheit im Frühjahr 2025 ließ kleine Bäche austrocknen, viele Jungfische überlebten nicht. Auch Algenblüten nehmen wieder zu, etwa die auffällige Burgunderblutalge oder Goldalgen wie 2024 im Seeoner See. Das zeigt, wie stark sich unsere Gewässer bereits verändert haben.

Bericht und Foto: Bezirk Oberbayern – Die im Schwarzmeerraum beheimatete „Quagga-Muschel“ ist Ende vergangenen Jahres auch im Chiemsee gesichtet worden. 


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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