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Faschingsgaudi digital in Flintsbach war ein voller Erfolg

Die Faschingsgesellschaft Flintsbach-Fischbach gilt als älteste Faschingshochburg Deutschlands. Die Anfänge reichen schon mindestens 131 Jahre zurück. Der Blick in die Chronik zeigt: Frohsinn und Zusammenhalt halfen schon immer, schlechte Zeiten besser zu überstehen.

Der erste Eintrag in das Schriftführerbuch der traditionsreichen Faschingsgesellschaft stammt aus dem Jahr 1926: „Es galt einfach Frohsinn und Gemütlichkeit unter das junge Volk zu bringen, das durch Weltkrieg und der darauffolgenden schweren Zeit sehr arg zu leiden hatte“, notierte der damalige Schriftführer Peter Bauer. In den Folgejahren berichtet die Chronik neben der eigentlichen Faschingsgaudi auch von Wirtschaftskrise, Maul- und Klauenseuche, eisigen Wintern mit Temperaturen von minus 33 Grad, Ausbruch des zweiten Weltkrieges und persönlichen Schicksalsschlägen innerhalb der Faschingsgesellschaft. Spaß und Freude am Fasching haben sich die Flintsbacher und Fischbacher aber dennoch nie nehmen lassen.

Der amtierende Präsident Franz Astner ist sich sicher, dass es gerade in schwierigen Zeiten wichtig ist, den Menschen zu ermöglichen, zumindest für einige Stunden ihre Sorgen zu vergessen. Die Faschingsgesellschaft Flintsbach-Fischbach hat darum auch in Corona-Zeiten nach Möglichkeiten gesucht, doch noch Fasching feiern zu können. Die älteste Faschingshochburg im Inntal beschritt dafür neue Wege und läutete den „digitalen Fasching“ ein. „Den einfachen Weg zu gehen und alles abzusagen, stand für uns nie zur Debatte. Also erarbeiteten wir ein Alternativprogramm, um mit den neuen Möglichkeiten der Technik allen Faschingsspinnern unter Einhaltung aller geltenden Sicher-heitsbestimmungen fröhliche Stunden bereiten zu können“, erzählt Franz Astner.

Das Motto lautete: Den Fasching in die heimischen Wohnzimmer bringen. Bereits für den Faschingsauftakt am 11.11.2020 wurde im Vorfeld ein Video gedreht. Weiter ging es mit einer Faschingszeitreise via Internet Anfang Januar und am Faschingssamstag wurde dann digitale Fastnacht gefeiert. Um den Faschingsfans trotz aller Einschränkungen ein buntes, abendfüllendes Pro-gramm bieten zu können, zog die Faschingsgesellschaft alle Register. „Zum Glück ist technisch schon einiges möglich. Mit einem guten Techniker im Team lassen sich beispielsweise einzelne Personen mühelos auf der Bühne zusammenfügen“, verrät Franz Astner.

Die digitale Veranstaltung war ein voller Erfolg, ebenso die sogenannten „Spinnerschacheln“, die bereits im Vorfeld angeboten wurden. In kürzester Zeit waren sie ausverkauft. Ihr Inhalt unter anderem: Narrenkappen, Masken, Gläser und Bierflaschen – also alles, was es braucht, um einen zünftigen Fasching daheim feiern zu können. Die „Premium-Ausgabe“ beinhaltete außerdem Eintrittskarten für den nächsten Krönungsball. „Die Spinnerschachteln haben uns geholfen, die wirtschaftlichen Einbußen, die uns durch den Ausfall der Faschingssaison entstanden sind, gut zu überbrücken“, so der Präsident.

Generell ginge es aber bei einer kleinen Faschingsgesellschaft sowieso nicht um den großen Gewinn. „Das Geld, was wir in einer Saison einnehmen, ver-wenden wir sofort wieder für die kommende Saison“, erklärt der 27-Jährige. Beim Faschingsumzug, zu dem immer weit über 10 000 Schaulustige kommen, wechseln sich die Flintsbacher seit vielen Jahren mit den Neubeurern ab. Flintsbach-Fischbach ist also wieder 2023 mit der Ausrichtung dran. Franz Astner ist optimistisch, dass der Fasching dann auch wieder analog stattfinden kann.

Interessantes aus der Chronik

  • Der Flintsbacher Faschingszug im Jahr 1929 trotzte eisigen Temperaturen von minus 33 Grad, „Teilnehmer und Zuschauer haben einiges an Frostschutz getrunken“, wurde dazu vermerkt.
  • Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde das Faschingstreiben in Flintsbach und Fischbach für fünf Jahre unterbrochen
  • Im Jahr 1949 erteilten die Besatzungsmächte nur drei Genehmigungen für Faschingsumzüge in ganz Deutschland: München, Köln und Flintsbach!
  • 1971 prägte der damalige Hofmarschall Martin Goldes den Faschingsruf: „Fasching bleib do“
  • Das 111-jährige Gründungsjubiläum im Jahr 2000 wurde mit einer zünftigen Bauernhochzeit gefeiert
  • 2021 war der Fasching Flintsbach-Fischbach digital

Bericht und Fotos: Karin Wunsam – in Kooperation mit dem Magazin Wendelstein Anzeiger www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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