Land- & Forstwirtschaft

Digitale Bauernverbands-Kreisversammlung zur bäuerlichen Zukunft 

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Rosenheim (hö) – Der 2. Februar ist ein traditioneller Lichtmeß-Bauernfeiertag, in Zeiten vor Corona trafen sich an diesem Tag bis zu 400 Bäuerinnen, Bauern und der Landwirtschaft wohlgesonnene Persönlichkeiten in der Rosenheimer Inntalhalle zu aktuellen Abstimmungen und zum persönlichen Dialog. Heuer musste der gastgebende Kreisverband Rosenheim vom Bayerischen Bauernverband zum zweiten Male zu einer digitalen Konferenz einladen,  gut 100 Teilnehmer waren von ihren Höfen beziehungsweise Büros zugeschaltet.

Kreisobmann Josef Bodmaier bezeichnete die Zusammenschaltung eingangs als Vorteil, weil man keine Parkplatzsuche und weniger Zeitaufwand hätte, ergänzte aber: „Was uns und auch den Junglandwirten sowie den sonstigen Ehrengästen fehlt, das ist das persönliche Gespräch“. Ehe Bodmaier seinen Rückblick begann, erinnerte er an den im Alter von 95 Jahren verstorbenen Andreas Gruber, der vor der „Ära Sepp Ranner“ von 1974 bis 1987 BBV-Kreisobmann war und der in dieser Zeit den landwirtschaftlichen Aufbruch in Bayern und im Landkreis Rosenheim mitprägte. Zurückschauend sagte der nunmehrige Kreisobmann, dass an vielen wichtigen Ämtern und Schaltstellen neue Personen zum Thema Landwirtschaft das Sagen haben und dass die Kontaktsuche zu diesen in einer Zeit des steten Wandels eine der neuen Aufgaben darstellt. Dies hat auch eine vorjährige Mitgliederbefragung ergeben, bei der rund 3.000 schriftliche Antworten unter anderem aufgezeigt haben, dass sich der Bauernverband mehr um den Nachwuchs kümmern möge, aber dass auch von der Jugend gewünscht wird, dass sie sich aktiver im bäuerlichen Verbandsgeschehen einbringen möge.

Von der Schweinhälfte-Aktion über den Brennerbasistunnel zum Wolf

Ausführlich und eindringlich ging Josef Bodmaier auf aktuelle Sorgen und Themen der Rosenheimer Bauernschaft ein. Hierzu gehörten die „Schweinehälfte-Aktion“, die aufgrund der niedrigen Schweinefleischpreise gestartet wurde und die einzige große Präsenzveranstaltung, die Schmankerlstraße in Rosenheim („Leider ohne Kindergarten- und Schulkinder, die unsere Zukunftskunden sind!“). Hinsichtlich des Brenner-Nordzulaufs gilt es – so Bodmaier zu diesem Thema – gemeinsam mit dem Landkreis Ebersberg und im Dialog mit Bahn und Politik gerechte Formen des Ausgleichs zu finden und Einfluss zu nehmen, dass möglichst wenig oberirdische Flächen verbraucht werden („Die Untertunnelung nördlich vom Inn ist eine Kernforderung“). Bauchschmerzen bereitet weiterhin die Anbindehaltung, zu diesem Thema werden die Bauern vom Einzelhandel und von den Molkereien hergetrieben („Kühe in geordneten Anbindeställen sind genauso sauber und leistungsstark!“). Massiv bewegt das Thema Wolf, zu dem es kürzlich an einem Runden Tisch mit Landratsamt, Naturschutzbehörde, Almbauern, Veterinäramt und Landwirtschaftsamt ein gutes Gespräch gegeben hat. Hierzu kündigte der Bauernverband an, dass demnächst auf dem Samerberg anhand eines Musterzaunes aufgezeigt werden soll, dass Zäune keine Lösung sind („Wenn auf 20 cm Höhe ein Strom fließen soll, wie ist das im Winter, wenn der Schnee höher als 20 cm liegt?“).

Vortrag: Vom Wolf über Tierhaltung zu Ernährung und Klima

Das Thema Wolf war ein guter Übergang zum zugeschalteten Referenten Udo Pollmer. Der Lebensmittelchemiker und Autor von Ernährungs-Sachbüchern sprach zum Thema „Wie die Politik die bäuerliche Kulturlandschaft aufgibt – Die Folgen falsch verstandenen Natur-, Verbraucher- und Klimaschutzes“ und sagte zum Wolf: „Ist erst der Wolf in Rudelgröße da, ist es um den Frieden geschehen. Dabei denke ich daran, dass in Lüneburg die Wildschafe ausgerottet sind, dass im Osten Kinder nicht mehr im Freien Zelten können und dass in Südtirol Bergbauern ihre Viehhaltung aufgeben“. Zum Thema Zaun sagte er: „Unabhängig vom Nicht-Nutzen und von Löchern, die von Wolfsschützern angebracht wurden entstehen immense Kosten“. Außerdem gab der Fachmann zu bedenken, dass der Wolf gefährlicher Überträger der Tollwut ist. Einen breiten Raum nahmen seine Ausführungen zum Klima ein und er zeigte auf, dass die Methan-Emission bei der Milcherzeugung in der öffentlichen Diskussion mit falschen Zahlen dargestellt wird, sein Fazit lautete: „Tierhaltung hat keine negativen Auswirkungen auf das Klima!“. Vor ökologischen Folgen („Niederschläge sinken, Temperaturen steigen“) warnte Udo Pollmar mit Blick auf die wachsende Anzahl von Windrädern, die auch für Vogelsterben und Austrocknungen sorgen.

Wie den Chat-Eintragungen und der abschließenden Diskussion zu entnehmen war, waren die Ausführungen zu zukünftigen Ernährungs- und Herstellungsweisen für viele Teilnehmer neu und zum Teil polarisierend (Vitro-Fleisch aus dem Reagenzglas, Züchtung künstlicher Organe oder Schwedischer Menschenfleisch-Weg). In der Diskussion, an der sich auch Dr. Georg Kasberger als Leiter des Rosenheimer Landwirtschaftsamtes beteiligte, war man sich einig, dass sich die Landwirtschaft nicht mit einem Rundumschlag verteidigen, sondern mit Hintergrundwissen und Argumenten gegenüber Politik und Verbraucher zeigen soll.

Fotos: Hötzelsperger – Bildschirm-Fotos vom digitalen Kreisbauerntag des Bayerischen Bauernverbandes.

Weitere Informationen: www.bayerischerbauernverband.de

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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