Leitartikel

Trauer: das kleine und letzte Hochzeitsladertreffen beim Heigl Bertl in Heufeld

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Nur wenige Tage, nachdem der betagte Hochzeitslader Bertl Heigl in seinem Zuhause in Heufeld in der Gemeinde Bruckmühl über sein reichliches Leben erzählte und nach kurzem Krankenhausaufenthalt, wurde er von dieser Welt abberufen. Er war – so Christian Glas als Sprecher und Chronist der Hochzeitslader-Gemeinschaft ein allseits beliebter und hochgeschätzter Kollege und Gründungsmitglied der Vereinigung. Lieber Bertl, ruhe in Frieden

Nachfolgend der Bericht aufgrund des Gesprächs mit Bertl Heigl, das  von  seinem Hochzeitslader-Kollegen Fritz Dräxl vom Samerberg angeregt wurde. .

Das kleine und letzte Hochzeitsladertreffen beim Heigl Bertl in Heufeld

Heufeld/Bruckmühl (hö) – Bertl Heigl aus Heufeld in der Gemeinde Bruckmühl weiß viel zu erzählen. Besonders dann, wenn er seine Foto-Alben hervorholt. In diesen sind sie sauber und chronologisch festgehalten: die fast eintausend Hochzeiten, Goldenen Hochzeiten, Faschings-Hochzeiten und Primizen. Und jede Seite und jedes Foto hat seine eigene Geschichte. Für Bertl Heigl, der inzwischen 93 Jahre alt ist und für seine ein Jahr jüngere Frau Franziska gibt es somit viele und gute Gründe, auf ein langes und ereignisreiches Leben in Dankbarkeit zurückzuschauen.  

 Zu einem Rückblick der besonderen Art hatte der Hochzeitslader seinen Freund und Kollegen Fritz Dräxl vom Samerberg in seine gute Stube eingeladen. Dräxl als einer seiner Nachfolger wäre als Ausrichter für eines der nächsten Hochzeitsladertreffen in Frage gekommen – wäre nicht Corona gekommen. So entschlossen sich die beiden Progoder, ihr ganz und gar privates und kleines Hochzeitsladertreffen zu machen. Dabei erzählte Bertl Heigl von seinem Werdegang und dieser begann wie folgt: „Nach einem Hochzeitsbesuch im Jahr 1955 in Tuntenhausen sprach mich eine Nachbarin    an. Forsch sagte sie, die Naderin macht das Gwand und Du machst den Hochzeitslader“. So begann das Organisieren von Hochzeiten im Jahr 1956. Schnell waren weitere Anfragen, unter anderem aus Altötting, aus Wolfratshausen, vom Starnberger See und vom Werdenfelser Land entstanden. Kaum ein Samstag, an dem nicht eine Hochzeit war, dazu sagt Bertl mit Blick zu seiner Frau Franziska: „Ohne Dein Verständnis und ohne Deine Unterstützung wäre es nicht gegangen“.  Bertl musste seine bis 1996 dauernden Aktivitäten auch mit seinem Berufsleben in Einklang bringen. Als Auto-Mechaniker machte er eine Lehre, alsdann ging es in den Tiefbau, dann war er Chaffeur bei einer Wolldeckenfabrik und daran anschließend Heizer und Maschinist im Kesselhaus von Bruckmühl. Mit 47 Jahren drückte er nochmals die Schulbank in der Wassermeisterschule Rosenheim und war dann für den Rest seines Berufslebens als Wassermeister in seiner Heimatgemeinde Bruckmühl von der Quelle bis zum Verbraucher für gutes Wasser zuständig.

Vor 60 Jahren: erstes Hochzeitsladertreffen in Amerang

Von großer Wichtigkeit waren für Bertl Heigl die Treffen von Hochzeitsladern aus ganz Bayern, die jährlich abwechselnd einmal links und einmal rechts vom Inn stattfanden. Zum ersten Treffen hat er feinsäuberlich festgehalten: „Auf Anregung und Initiative von den Kollegen Hans Fenzl aus Seebruck, Sepp Peteratzinger aus Eiselfing, Alois Reinthaler aus Bad Endorf und Ernst Rupp aus Prien fand am 3. Dezember 1961 das erste Hochzeitsladertreffen in Amerang statt. Ausrichter war Sepp Peteratzinger. Das war der Anfang!“ Seither treffen sich die Hochzeitslader immer um den Nikolaustag im Advent, die letzten Treffen, die noch möglich waren, waren in Berg in der Oberpfalz sowie in Traunstein/Waging. Das 60. Treffen wäre beim Kollegen Bernhard Sedlmaier in Baiern gewesen, das soll nun heuer nachgeholt werden. Als nächster Ausrichter wäre dann Fritz Dräxl vom Samerberg an der Reihe.

Als Hochzeitslader braucht man nicht nur ein organisatorisches Talent, sondern auch ein Gespür für Kirche, Glauben, Musik und Leute. Bertl Heigl und Fritz Dräxl gemeinsam wichtig ist, dass die untere Schublade zu bleibt. Sie sagen: „Eine Hochzeit soll lustig und nicht beleidigend sein. Deswegen bleiben Ehe-Schwierigkeiten, ledige Kinder oder Führerscheinentzug außen vor“. Als Bertl Heigl einmal beim Zusammenstellen des Dankes ein Verwandter zum Brautvater die heimliche Versetzung eines Marksteins vorschlug, da sagte Bertl: „Das sagst Du ihm schon selber!“. Besonders stolz ist er auf fünf Primiz-Feierlichkeiten. Bettelhochzeiten hingegen machte er nur zwei und zwar in Götting und in Au bei Bad Feilnbach, zu Au weiß er zudem: „In Au habe ich einmal in einem Jahr zwölf Hochzeiten mit zwölfmal der gleichen Musik und mit zwölfmal der gleichen Verwandtschaft gehabt, da musste ich mir beim Danksagen schon immer wieder was Neues einfallen lassen“.

Ehrenvorsitzender vom Trachtenverein mit Leipziger Patenschaft

Bertl Heigl erfuhr schon mehrfache Ehrungen. So ist er Ehrenvorsitzender vom Trachtenverein „D´Mangfalltaler“ Heufeld, Träger vom Goldenen Gau-Ehrenzeichen des Bayerischen Inngau-Trachtenverbandes und Inhaber von Ehrenbrief und Ehren-Medaille von der Gemeinde Bruckmühl. Auch der Bezirk Oberbayern würdigte seine Verdienste um Brauchtum und Heimat mit einer Auszeichnung. Zu seinen liebsten Erinnerungen gehört die jahrzehntelange Freundschaft mit dem Trachtenverein „Berglerburschen“ in Leipzig, dazu sagt er: „In Zeiten der Arbeitssuche machten sich auch aus unserer Region Leute auf in die sächsiische Bergbau-Regionen, sie nahmen ihre Brauchtumsliebe mit, gründeten einen Verein und hielten immer Verbindung mit uns. Die Heufelder sind sogar die Paten der Leipziger“.

Für Fritz Dräxl, der seit 1990 als Hochzeitslader unterwegs ist, zählt dies zu seinen wichtigsten Erinnerungen: „Wenn der Bertl ohne Mikrofon auf die Bühne trat, dann war es nicht nur mucksmäuschenstill, da legten sogar die Bedienungen ihr Tablett nieder und lauschten ihm zu“.

Für nachfolgendes Dank-Verserl schrieb Bertl Heigl an die betroffene Frau hernach zur Befriedung einen Entschuldigungsbrief, der herzlich gerne angenommen wurde. Das Verserl lautete:

Beim Resei gibt´s koa Viecherei,

do gehn die scheensten Buam vorbei.

Aber des is zum Woana,

eineganga is bis jetzt no koana.

Denn Jeda moant, ich danke schön,

do häd i mal gar nix z´redn.

Fotos/Repros: Hötzelsperger – 1. Bertl Heigl mit seiner Frau Franziska und mit Hochzeitslader-Kollegen Fritz Dräxl – 2. Erinnerungen aus den Fotoalben, u.a.:

  • Hochzeitsladertreffen 1966 in Prien auf Einladung von Ernst Rupp
  • Hochzeitsladertreffen 2010 in Albaching auf Einladung von Sebastian Friesinger
  • Besuch 2010 im Bayerischen Landtag
  • Liste der Hochzeitsladertreffen links bzw. rechts vom Inn

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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