Kultur

Buchtipp: Michael Hugentobler, Feuerland

Veröffentlicht von Günther Freund

Surreale Geschichte um einen Völkerkundler, der eine Wörtersammlung des Eingeborenenvolks Südamerikas zu retten versucht.

Thomas Bridges wächst als Ziehsohn eines britischen Missionars in Feuerland unter den Kindern des am südlichen Ende Südamerikas lebenden Eingeborenenvolks der Yamana auf. Fasziniert von dieser Welt und der Sprache schreibt er ihre Wörter auf. Als er stirbt, stiehlt ein zufällig anwesender Handlungsreisender die handschriftliche Wörtersammlung, ein blau-rot-marmoriertes Buch. Nach vergeblichen Versuchen, die wertvolle Wörtersammlung einträglich zu verkaufen, lässt der Handlungsreisende das Buch auf einer Bank in der Londoner Victoria Station liegen, wo es der deutsche Völker- und Sprachkundler Ferdinand Hestermann, Professor an der Universität Münster, findet. Im Hotelzimmer blättert er darin und sein Interesse ist geweckt. Er spürt sofort den Wert dieses einzigartigen Buches, dessen Worte die Menschen, Berge, Wälder und Meere dermaßen scharf umreißen, dass alles lebendig und greifbar wird. Hestermann verschreibt dem Buch, einer Kopie der Wirklichkeit in Form von Wörtern, sein Leben. Als die Nationalsozialisten in den 1930er Jahren beginnen Bibliotheken zu plündern und Bücher zu verbrennen, versucht er das Buch in Sicherheit zu bringen.

In seinem zweiten Roman, einer vielschichtigen, tiefgründigen, raffiniert erzählten Geschichte, fragt sich der Schweizer Schriftsteller: was ist eigentlich Wahrheit? Der Autor verbindet Alltagssituationen, Einbildung und Träume zu einer eigenwilligen Mischung und glänzt dabei mit überbordender Erzählphantasie und grotesker Situationskomik. Das Buch ist ein anspruchsvoller, kurzweiliger Abenteuer- und Schelmenroman erster Güte und empfehlenswert für Liebhaber literarisch verdichteter Romane.

Buchprofile-Rezension Günther Freund

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Michael Hugentobler, Feuerland, Roman

 DTV, 2021, 224 S.
ISBN/EAN: 9783423282697
20,00 €

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Redaktion

Günther Freund

1944 in Bad Reichenhall geboren, Abitur in Bad Reichenhall, nach dem Studium der Geodäsie in München 3 Jahre Referendarzeit in der Vermessungs- und Flurbereinigungsverwaltung mit Staatsexamen, 12 Jahre Amtsleiterstellverteter am Vermessungsamt Freyung, 3 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Zwiesel und 23 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Freyung (nach Verwaltungsreform mit Vermessungsamt Zwiesel als Aussenstelle). Seit 2009 im Ruhestand, seitdem in Prien am Chiemsee wohnhaft.

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