Kultur

Buchtipp: Jörg Maurer, Leergut

Veröffentlicht von Günther Freund

Von den Entbehrungen und faszinierenden Empfindungen eines Alzheimer-Kranken.

Daniel Koch geht dreimal in der Woche ins Training, ernährt sich gesund, raucht nicht, trinkt nicht und hat seit der Trennung von seiner Ex keinen Beziehungsstress mehr. Er ist mit seinem Leben zufrieden, bis er feststellt, dass er zunehmend Gedächtnis-Aussetzer hat. Eines Tages kann er an der Ampel die Farben nicht mehr zuordnen, weshalb er die Neurologin Sarah Gossberg aufsucht. Die ein wenig undurchsichtige Wissenschaftlerin diagnostiziert Alzheimer im Frühstadium. Koch ist überraschenderweise gar nicht so sehr schockiert von dem Befund. Durch das Vergessen macht er neue, faszinierende Erfahrungen. In dem Maße, in dem die vertraute Welt verschwindet, eröffnet sich eine neue Welt mit überraschenden, skurrilen und erstaunlichen Geschichten. Koch stürzt sich von einem Abenteuer ins nächste und beginnt, über die Zeit nachzudenken, die ihm noch bleibt, bevor er sinn- und zwecklos dahindämmert. Während Kochs Krankheit schneller als erwartet voranschreitet und er immer desorientierter wird, führt Gossberg mit ihm unkonventionelle Experimente durch, um das Vergessen zu erforschen, über das die Wissenschaft heute nicht viel mehr weiß als zu Zeiten Alzheimers.

Kabarettist Jörg Maurer, bekannt auch durch seine erfolgreichen Jennerwein-Krimis, greift in seinem neuen Roman das Thema Demenz auf. Er beschreibt in flüssigem Schreibstil und mit gut gezeichneten Charakteren den fortschreitenden Verlauf der Krankheit Alzheimer. Mit feinem Humor beleuchtet er die Entbehrungen, aber auch die schönen Erlebnisse des sympathischen Patienten. Der Roman beleuchtet plausibel und nachvollziehbar den Verlauf einer noch wenig erforschten Krankheit. Eine berührende und nachdenklich stimmende Lektüre, sehr zu empfehlen.

Buchprofile-Rezension von Günther Freund

S. FISCHER VERLAG GMBH, 2024, 304 S.
ISBN/EAN: 9783949465222

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Redaktion

Günther Freund

1944 in Bad Reichenhall geboren, Abitur in Bad Reichenhall, nach dem Studium der Geodäsie in München 3 Jahre Referendarzeit in der Vermessungs- und Flurbereinigungsverwaltung mit Staatsexamen, 12 Jahre Amtsleiterstellverteter am Vermessungsamt Freyung, 3 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Zwiesel und 23 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Freyung (nach Verwaltungsreform mit Vermessungsamt Zwiesel als Aussenstelle). Seit 2009 im Ruhestand, seitdem in Prien am Chiemsee wohnhaft.

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