Kultur

Buchtipp: Friedrich Ani, Der einsame Engel

Veröffentlicht von Günther Freund

Ein scharfsinniger und qualitativ ansprechender Krimi um einen Münchner Gemüsehändler, der plötzlich spurlos verschwindet, von dem durch seine “Tabor Süden” Reihe bekannten, mehrfach ausgezeichneten Münchner Bestseller-Autor .

Der versierte Ermittler Tabor Süden, früherer Polizist, arbeitet jetzt in der Detektei Liebergesell und ist dort vor allem zuständig für das Aufspüren von Verschollenen, meist Personen, die schon lange bevor sie abtauchen mit ihrem gescheiterten Leben abgeschlossen haben. Als auf die Detektei von Neonazis ein Brandanschlag verübt wird, kommt sein Kollege Leonhard Kreutzer ums Leben, das Büro wird völlig zerstört. Tabor diskutiert mit seinen Kolleginnen Patrizia Roos und Edith Liebergesell, wie es mit der Detektei weitergehen soll, macht sich Gedanken über seine berufliche Zukunft. Patrizia und er denken daran, ihren Beruf an den Nagel zu hängen, doch Chefin Edith will weitermachen, nimmt schon einmal einen Auftrag an und schickt Tabor zu einer neuen Klientin. Eher widerwillig macht er sich an die Arbeit und sucht Emma Fink, die Auftraggeberin, auf. Er soll Frau Finks Arbeitgeber Justus Greve, einen Gemüsehändler, der seit einigen Tagen spurlos verschwunden ist, aufspüren. Unterstützt von seiner jungen Kollegin Patrizia recherchiert er erst einmal im Bekanntenkreis des Verschwundenen. Die Ermittlungen gestalten sich überaus mühevoll, zudem wird Südens Ermittlungsarbeit von seiner depressiven Gemütsverfassung überschattet. Vor Jahren hatte er bereits seinen besten Freund und Kollegen durch Selbstmord verloren. Jetzt auch noch Leonhard Kreutzer, für dessen Tod er sich verantwortlich fühlt. Er versinkt in Selbstmitleid und Schwermut, trinkt zuviel Bier und ist sich überhaupt nicht mehr klar darüber, was ihm das Leben noch bringen soll. Lediglich Patricia, der er im Laufe der Ermittlungen näher kommt, bringt noch Licht in sein trostloses Dasein. Tabor und Patricia kontaktieren Greves Bezugspersonen, ehemalige Geliebte. Diese sind jedoch als Zeuginnen wenig brauchbar, sie scheinen etwas zu verschleiern. Auch Emma Fink scheint etwas zu verbergen, will den Auftrag sogar zurücknehmen, weil sich Greve angeblich gemeldet hat. Aber da hat sich Tabor bereits entschlossen, die Sache in jedem Fall durchzuziehen, denn sein Instinkt sagt ihm, dass hier etwas oberfaul ist.

Friedrich Anis Tabor Süden Roman ist kein normaler Krimi, denn nicht der Kriminalfall steht hier im Mittelpunkt, sondern die Seelenlage des Detektivs selbst, seiner Kolleginnen und die Lebensläufe der anderen beteiligten Personen. Der Münchner Schriftsteller, dessen Bücher längst schon Kult sind, ist ein brillanter Erzähler, der Milieu-Beobachtung, Beschreibung der Menschen und ihrer Gefühle und spannungsreiche Dramaturgie glänzend miteinander verbinden kann. Der Autor enthüllt Seelenpanoramen und konfrontiert seine Leser rücksichtslos mit den negativen Seiten des gesellschaftlichen Lebens und dessen absurden Auswüchsen.

Sankt Michaelsbund Buchprofile Rezension von Günther Freund

DROEMER/KNAUR, 2017, 208 S.
ISBN/EAN: 9783426304488

Redaktion

Günther Freund

1944 in Bad Reichenhall geboren, Abitur in Bad Reichenhall, nach dem Studium der Geodäsie in München 3 Jahre Referendarzeit in der Vermessungs- und Flurbereinigungsverwaltung mit Staatsexamen, 12 Jahre Amtsleiterstellverteter am Vermessungsamt Freyung, 3 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Zwiesel und 23 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Freyung (nach Verwaltungsreform mit Vermessungsamt Zwiesel als Aussenstelle). Seit 2009 im Ruhestand, seitdem in Prien am Chiemsee wohnhaft.

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