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Buch-Tipp: Dachauer Bauer

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Das Museum des Marktes Altomünster unter der Leitung von Prof. Dr. Wilhelm Liebhart hat wieder eine originelle Ausstellung eingerichtet, deren Bedeutung über den Heimatort des vor kurzem geschlossenen Birgittinnen-Klosters hinausreicht: eine Ausstellung über den Dachauer Bauern in der Karikatur. Altomünster gehörte zum Bereich der Dachauer Bauerntracht, der bekanntesten Variante der Unterländer Tracht. Ihre Verbreitung reicht vom Schwäbischen über das nördliche Oberbayern bis Niederbayern. Unter bayerischer-deutscher Tracht stellt man sich heute weltweit die Oberländer Tracht vor, von den Unterländlern spöttisch „Kurz-Hösler“ genannt.

Vor dem Ersten Weltkrieg wurde in Kunst und Literatur die Dachauer Tracht herausgestellt. Beschrieben wurde sie in volkskundlichen Beschreibungen im Laufe des 19. Jahrhunderts als unförmig, unpraktisch und veraltet.  Ähnlich negativ wurden die Träger derselben herausgestellt: ungebildet, trunksüchtig, rauflustig, usw. So weit musste sie der aus Dachau stammende Bezirksheimatpfleger Dr. Norbert Göttler schildern in seinem Beitrag „Der Dachauer Bauer und seine G‘scheerten“.

Das änderte sich erst etwas mit Ludwig Thoma und seinen Bauernromanen, der eine positive aber auch romantisierte Sicht vom Leben auf dem Land verbreitete. Mit seinen Filser-Briefen setzte der jahrzehntelang mit dem Dachauer Land verbundene Dichter einen Kontrapunkt. Der Landtagsabgeordnete Filser ist vordergründig königs- und kirchentreu aber doch rebellisch und zynisch. Professor Liebhart stellte die Zusammenhänge in seinem Artikel  „Ludwig Thoma und der Dachauer Bauer“ dar.

So wurde der Dachauer Bauer in Zeitschriften  wie den „Fliegenden Blättern“, „Kladderadatsch“, der „Jugend“ und im „Simplicissimus“, in Postkarten und Künstlergrafiken karikiert als gschert, hässlich, urtümlich, aber auch verschmitzt und renitent gegen die Obrigkeit. Es gab einfach den Typus Dachauer Bauer, der von Münchner Bürgern in Festen nachgeahmt, nachgespielt und karikiert wurde.

Woher kommt nun diese Affinität der Münchner für die Dachauer Bauern. Eine Erklärung ist die große Dachauer Künstlerkolonie, in der über dreitausend Künstler in Dachau nachgewiesen wurden. Die Maler und Grafiker fanden in der Dachauer Tracht ein willkommenes Sujet, wie die Ausstellung vorführt.  Die Verbindung Dachaus zum nahen literarischen Schwabing müsste noch stärker herausgestellt werden. Der Münchner Süden diente der Bourgeoisie zunehmend als positiv bewertete Sommerfrische und Heimat für bürgerliche Villen. Die dazu gehörige  oberländische Tracht war willkommen. Der nördliche Dachauer verirrte sich gelegentlich in die Stadt. Der Bürger mied den Münchner Norden, das Dachauer Land. Daran konnte auch die neue Bahnlinie München-Dachau-Altomünster nichts ändern.

Nach dem ersten Weltkrieg verschwand der Trachten-Dachauer mit der Dachauer Künstlerkolonie zunehmend aus der Kunst. Die Nazis propagierten kurze Lederhose und Dirndl als deutsche Kleidung – worunter diese unschuldiger Weise lange leiden mussten – und heute ist der Dachauer Trachtler nur noch eine exotische Erscheinung auf dem Oktoberfest.

Insofern ist es eine mutige Leistung der Ausstellung, den Spott und Hohn über die eigene Tracht und ihre Träger auszustellen. Die meisten Exponate stammen aus der Sammlung des Dachauer Stadtrats und Brauchtumsreferenten Robert Gasteiger. Altomünster ist ein schöner Sonntagsausflug mit der neuen S-Bahnlinie. Mit dem Maier-Bräu und dem Kappler-Bräu gibt es auch noch echte bayerische Wirtshäuser mit eigenen Brauereien. Gegenwart und Vergangenheit lassen sich wunderbar verbinden.

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Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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