Leitartikel

Buch einer 85jährigen Pilotin aus Rimsting

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Älteste aktive Privatpilotin Bayerns – Buch einer Abenteuerin und Weltenbummlerin aus dem Chiemgau   –   „In der Luft und in der Welt unterwegs, am Chiemsee und im Chiemgau zu Hause“ – dieses Motto gilt in ganz besonderer Weise für Ingrid Hopman, der ältesten noch aktiv fliegenden Privatpilotin Bayerns. Die 85-Jährige ist schier unermüdlich und gibt auch gerne Einblicke in ihr reiches Fliegerleben. „DURCHSTARTEN“ – so lautete das jüngst fertig gewordene,   420 seitige Buch im Verlag tredition in Ahrensburg. Das Werk berichtet über eine außergewöhnliche Familiengeschichte und über eine seit vielen Jahren in Rimsting wohnenden Weltenbummlerin, deren Fitness und Flugfreude nach wie vor Starts und Landungen vom Flugplatz in Bad Endorf ermöglichen.

 Das Fliegen wurde Ingrid Hopman nicht unbedingt in die Wiege gelegt. 1940 kam sie in Friesach in Kärnten von deutschen Eltern zur Welt, sie hatte fünf Geschwister, unter anderem eine Zwillings-Schwester Gudrun. Nachdem ihr Vater im Krieg sein Leben lassen musste, heiratete ihre Mutter einen Tierarzt aus Wien. Nach dem Besuch der Grundschule und einer Frauen-Berufsschule folgten für die diplomierte Krankenschwester weitere Ausbildungen zur Anaesthesie- und Intensiv-Schwester. 1968 war dann das entscheidende Jahr für Ingrid Hopman in Richtung Kurs auf ein aussergewöhnliches Fliegerleben. „1968 waren die Studenten-Unruhen, wir stritten und demonstrierten für die Gleichberechtigung der Geschlechter, Apollo 8 umrundete den Mond und die Tupolew, das erste Überschall-Passagier-Flugzeug absolvierte ihren Jungfernflug“ – so Ingrid Hopman, die in ihrem geschichtlichen Rückblick noch anfügte, dass 1968 das Flugbenzin 40 Pfennige je Liter kostete und dass ein Jahr später 1969 Neil Armstrong als erster Mensch auf dem Mond landete und im selben Jahr der Erstflug der Concorde war.

1968 Entdeckung des Freiheits-Erlebnisses

„Als ich 1968 dank eines guten Freundes erstmals mit der Fliegerei in Berührung kam, spürte ich ein großes Aha- und Freiheits-Erlebnis und ich begann im Sommer mit der Ausbildung zur Privatpilotin. Damals war ich die einzige Frau neben acht jungen Burschen in der sonst männlich geprägten Welt“ – so begannen Ausbildung und Flugerlebnisse. Für die Privat-Piloten-Lizenz (PPL)-A(=Motorflieger)-Ausbildung musste Ingrid Hopman in ihrem Urlaub von Klagenfurt in Kärnten nach St. Michaelis in Schleswig-Holstein 1.300 Kilometer für eine Strecke und 3.000 Mark an Gebühren in Kauf nehmen. 1970 erwarb sie die Pilotenlizenz, dabei erinnert sie sich: „Vormittags war Theorie, mittags wurde ich zum Dreiecksflug geschickt, nach der Rückkehr am Abend wurde mir noch der Prüfungsflug abgenommen, damals noch ohne Funk-Nutzung“. Ihr Fluglehrer Fritz Hammesfahr gab der Nachwuchs-Pilotin folgenden Tipp: „Wenn die Eisenbahn zu Ende ist, siehst Du den Flugplatz von Flensburg“. Doch die Pilotin fand den Flugplatz nicht, als sie eine Lufthansa-Maschine im Anflug sah, folgte sie dieser und landete geglückt und mit Stolz auf der Betonpiste. Doch für ihre C-150 Maschine wäre eine Grasbahn vorgesehen gewesen und so bekam sie einen Anpfiff und Tränen. Ihr Weiterflug führte von Flensburg über Wasser nach Wyk auf Föhr und  zurück wieder über Wasser nach St. Michaels – und der Prüfungsflug mit der Nr. 890 war bestanden.

Wenn einer, der mit Müh und Not geworden ist Privatpilot und denkt, dass er ein Flieger wär, dann irrt sich der“ – frei nach dieser Wahrheit suchte Ingrid Hopman weitere Aus- und Fortbildungen sowie Kontakte zur 1968 gegründeten Vereinigung Deutscher Pilotinnen. Diese Vereinigung, unter anderem mit Clairlotte Trense (Mutz), der Afrikafliegerin Elly Beinhorn, der Testpilotin Hanna Reitsch und Nancy Bird Walton (Gründerin der Australischen Ambulanzfliegerei), musste sich in der Gesellschaft erst durchsetzen, so berichtete der Spiegel im Juni 1969: „In Worms gründeten die deutschen Luftsportlerinnen ihr eigenes Damenkränzchen“. Doch schon ein Jahr später waren es bereits 35 Pilotinnen. Ingrid Hopman erwarb im Oktober 1970 die Österreichische Flug-Lizenz, im Juli 1971 folgten das Funksprech-Zeugnis deutsch und englisch in Wien und im selben Jahr noch der Kunstflugschein. Zwei Jahre später war dann erfolgreich die Segelflug- und Bannerschlepp-Ausbildung mit PA 19 in St. Michaelisdonn und 1973 führt ihr beruflicher Weg ins Klinikum Großhadern. Dort lernte sie ihren Mann Dr. Herman Hopman kennen, beteiligt sich an vielen Fortbildungen und fand starke Direktions-Beachtung mit der Abschluss-Arbeit „Wie erlebt der Patient seinen Krankenhausaufenthalt“. 1976 beginnt ihr Mann mit seiner Pilotenausbildung.

1978 landet Ingrid Hopman in Prien a. Chiemsee

1978 beginn für das Ehepaar Hopman ein neuer Lebensabschnitt, sie ziehen nach Prien a. Chiemsee und eröffnen eine neurologische-psychiatrische Praxis. Die weiteren Stationen sind der Eintritt in den Motorfliegerclub Rosenheim in Vogtareuth, erste Plätze bei Flug-Wettbewerben und Fortbildungen in München. Das erfolgreiche Berufs- und Fliegerleben erfährt 1983 durch den frühen Tod des 46jährigen Ehemannes eine traurige Unterbrechung. Ingrid Hopman lässt sich jedoch nicht unterkriegen und mach sich von da an alleine auf den Weg, der immer weiter wurde. 1985 unternahm sie Flüge nach Frankreich, auf die Kanalinsel Gernsey im Ärmelkanal, mit einer Piper PA28 Turbo Arrow von Los Angeles über Las Vegas, Sedona (Arizona), Carlsbad (New Mexico) und Denning (Westtexas) bis zur mexicanischen Grenze  und zurück nach Long Beach. Zu dieser Zeit erfolgte auch der Eintritt in die Vereinigung Deutscher Pilotinnen (zur Zeit 300 Mitglieder) und in die amerikanische Pilotinnenvereinigung Ninety-Nines (99s) mit über 5.000 Mitgliedern weltweit. „Es werden nur Pilotinnen mit gültiger Pilotenlizenz aufgenommen, Fördermitglieder sind möglich und auch zu den Veranstaltungen eingeladen“ – so Ingrid Hopman, die sich auch in ihrer bayerischen Heimat fliegerisch wertvoll betätigt. So organisierte sie das erste Fly-In-Treffen am Chiemsee 1989, dem 2007 und 2014 europäische Treffen mit 130 Teilnehmern folgten; insgesamt waren es dann –mit jeweiliger Unterbringung im Kloster von Frauenchiemsee- bislang elf Treffen, das zwölfte soll 2020 folgen. 2009 waren internationale  Pilotinnentreffen in Indien und Italien, Flüge in Australien und nach Papua Guinea, die Aufnahme in die Traditionsgemeinschaft der Alten Adler, Verleihung des Leistungsabzeichens mit 5 Kontinental-Diamanten, ein Treffen der 99s-Pilotinnen auf Hawaii mit Flug mit Glascockpit bis Honolulu und zurück, ein neuer Segelflugschein im Alter von 71 Jahren, die Teilnahme bei „100-Jahre-Deutschlandflug“, ein Karibikflug von Florida St. Augustin über  die Bahamas zum Karneval nach Trinidad, Alpen-Überquerungen sowie weitere Routen von Südafrika bis Norwegen. Zu den weiteren angenehmen Aufregungen gehörten Flüge und Landungen in Papa Neu-Guinea und im Urwald.

Zu ihrer Lebens-Flug-Bilanz sagt sie: „Bisher bin ich mit 29 verschiedenen Flugzeugtypen geflogen, dabei summierte sich die Flugzeit auf 2.900 Stunden, was 110 Tagen und 280.000 Kilometern entspricht. Damit bin ich sieben mal um die Erde geflogen und habe knapp 8.000 Starts und Landungen absolviert“. Für Ingrid Hopmanist das Fliegen ein erfülltes Leben und zugleich auch eine soziale Aufgabe, denn sie flog und fliegt Behinderte, krebskranke Kinder, Senioren und Gäste.  Ihr Motto trotz einiger Zwischenfälle lautet: „Meine Leidenschaft zu fliegen werde ich noch nicht aufgeben so lange mir der Fliegerarzt das OK gibt. Und so lange ich das Medical alle Jahre bekomme, werde ich in ein Flugzeug steigen, abheben und die Freiheit über den Wolken genießen!“.

 DURCHSTARTEN – Das Buch

In „Durchstarten“ blickt Ingrid Hopman auf ihr bewegtes Leben zurück und erinnert sich an ihre Kindheit im Krieg ohne den eigenen Vater und an das Aufwachsen mit fünf Geschwistern, der Mutter und dem Stiefvater in den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren. Als wissbegierige junge Frau ergriff sie den Beruf der Anästhesieschwester und fand später im Reisen, Segeln und im Sport, vor allem aber beim Fliegen von Kleinflugzeugen auf der ganzen Welt Freiräume für ihren Erlebnishunger. Das Buch berichtet aber auch von dunklen Stunden, bangen Momenten und dem schmerzlichen Verlust geliebter Menschen. Eine Geschichte über die unerschütterliche Liebe zum Leben, eine unbändige Abenteuerlust und den Wert von Freundschaft und Familie. Ingrid Hopman wurde 1940 im kärntnerischen Friesach geboren und lebt seit 1973 in Bayern und mit großer Freude in Rimsting am Chiemsee.

420 Seiten

35 Abbildungen

Format: 17 x 24 cm

ISBN: 978-3-384-38823-0

Erschienen am 5.2.2025 bei tredition in D-22926 Ahrensburg

Bearbeitung: Gundi Jungmeier

Covergestaltung: Petra Temmel

Coverbild: Bert Heinzlmeier

Erhältlich im Onlineshop von tredition auf https://shop.tredition.com zum Preis von 26,90 Euro, bei amazon und im Buchhandel. Eine weitere Möglichkeit besteht bei Ingrid Hopman direkt über Telefon 08051-61579 oder email ingrid.hopman@t-online.de.

 BILDERAUSWAHL:

Fotos: Rainer Nitzsche – 1.   Ingrid Hopman mit Foto-Collage.  2. In der Luft mit Kampenwand nahe Kampenwand. 3. Ingrid Hopman vor dem Start in Bad Endorf.

Fotos: Hötzelsperger –  1. Ingrid Hopman mit dem Fotografen Rainer Nitzsche vom Samerberg, der auf den Flügen die oberbayerische Heimat in Luftbildern festhielt. 2. Ingrid Hopman mit ihrem Buch. 3. Ingrid Hopman mit Flieger in Bad Endorf.

Repros: Hötzelsperger – 1. In Papa-Neuguinea . 2. Pilotinnentreffen in Kairo 3. Buchtitel DURCHSTARTEN

 


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Toni Hötzelsperger

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