Der VLF Viersen unternahm letzten Woche seine große Lehrfahrt 2023 ins Berchtesgadener Land. 30 ehemalige Landwirtschaftsschüler aus dem Kreis Viersen in Westfalen besuchten dazu neben den Highlights der Region wie Königssee mit Bartholomä und Eiskapelle, Berchtesgaden, das Salzbergwerk, das Kehlsteinhaus, die Roßfeldstraße, die Jennerbahn und Salzburg auch einen konventionellen Milchviehbetrieb der Molkerei Berchtesgadener Land. Während im Landkreis Viersen über 80 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für Ackerbau genutzt werden, steht im Berchtesgadener Land vor allem Grünland für die landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung und ist damit idealer Standort um Milch zu erzeugen. Denn nur Wiederkäuer wie z.B. Rinder können Gras für uns Menschen in hochwertige Lebensmittel transformieren.
30 Austrags-Landwirt:innen aus dem Landkreis Viersen waren am vergangenen Samstag im Rahmen der jährlich stattfindenden großen Lehrfahrt ihres Kreisverbandes in Schönau am Königssee angekommen. Nach der sonntäglichen Fahrt mit dem Elektroboot nach Bartholomä und weiter zur Saletalm folgte am Montag eine interessante historische Führung durch Berchtesgaden und am Dienstag die Besichtigung des Salzbergwerks. Am Mittwoch gings dann in den Chiemgau auf den Buchna-Hof der Familie Mix.
Während die Landwirt:innen aus Westfalen wohlvertraut mit Vollerwerbsbetrieben mit spezialisierten großen Milchviehbeständen von oftmals weit über 100 Kühen, Schweinmastbetrieben und Ackerbau mit spezialisiertem Gemüseanbau von Kartoffel, Spargel oder Möhren vertraut sind, waren sie gespannt auf den Rundgang auf einem vielfältigen landwirtschaftlichen Betrieb in der Alpenregion. Dabei war der Wunsch der Gruppe neben der Betriebsbesichtigung auch einen Gartenführung zu bekommen.
Blumen: Leidenschaft und zweites Standbein
Das war der Grund, warum der Besuch auf den Buchnahof in Surberg fiel. Obwohl die Tochter den klaren Wunsch gehabt hatte die Hofnachfolge anzutreten, entschied sie sich nach der Schule erst mal für eine Ausbildung zur Floristin und liebte ihren Beruf von Anbeginn. Heute nutzt Renate Mix ihr Wissen für die eigene Gartengestaltung, den Zier- und Nutzgarten. Außerdem bietet die 47-Jährige als Kleingewerbe Blumenschmuck und Deko für Hochzeiten, Familienfeiern und auch Grabschmuck an. Und so startete Renate Mix mit dem Hofrundgang im Garten und damit bei den Blumen und Stauden, die schon vor einem Schnupperpraktikum zu Schulzeiten ihre Leidenschaft waren. Die Besucher waren dann auch angetan vom gepflegten Hauschmuck und dem ganzen Betrieb. Angefangen bei den üppig blühenden Balkonblumen. Das Unwetter vom Vortag hatte die Geranien zwar verwaschen, das fiel beim üppigen Blütenwuchs aber gar nicht so auf. Die Beete vor dem Haus und im weitläufigen nicht eingezäunten Garten rund ums stattliche Bauernhaus hat Renate geschickt durch Inseln durchbrochen. So entdeckten die Besucher je nach Standort üppige Blumenbeete, Bäume, Büsche oder den weitläufigen Blick ins Surtal. Bei der Bepflanzung legte die Landwirtin großen Wert auf pflegeleichte mehrjährige Stauden von Hortensien, Frauenmantel, Phlox, Rosen, Sonnenhut und z.B. Funkien, um die Gartenarbeit neben der Landwirtschaft gut bewältigen zu können. Während die Besucher die Ursache für löchrige Staudenblätter bei den Schnecken vermuteten, stellte Renate klar: „Seit wir unsere Laufenten haben, ist das Schneckenproblem bei mir im Garten gelöst. Die Funkienblätter hat letzte Woche leider der Hagel durchlöchert.“ Im Garten von Renate dürfen neben einjährige Sommerblumen, die sie selber zieht und pflanzt, auch Bartnelken, Akelei oder etwa Ringelblumen bleiben, wo sie von selbst aufgehen und runden so den Bauerngarten ab. Aufwändiger ist es mit den Dahlien. Sie blühen bis spät in den Oktober üppig, müssen aber rechtzeitig vor dem Frost alljährlich ausgegraben und geschützt eingewintert werden, so die Gartenexpertin.
Eigenes Gemüse und Kräuter gehören zum täglichen Speiseplan
Dazu sind Kopfsalat, Schnittlauch, Petersilie, Rosmarin und Thymian praktisch nah am Haus platziert. Für Gurken und Tomaten erhielt ein altes betoniertes Mistbeet ein Dach. Nur an drei Seiten geschlossen sind diese dort gut geschützt vor Regen und haben gleichzeitig einen luftigen Standort, der es dem Mehltau schwer macht. Das zweite ehemalige Mistbeet wurde zum Hochbeet umgebaut und beherbergt heute Stangenbohnen, 30 cm große Wirsingköpfe, Chinakohl und Kohlrabi. Dahinter liegen Beerensträucher, die das Obstangebot abrunden. Während die Himbeer-, Johannisbeer- und auch Aronia-Ernte heuer sehr gut war, entfällt die Obsternte leider fast vollständig erzählt Renate: „Als unsere Apfel-, Birnen- und Zwetschgenbäume heuer geblüht haben, da war es leider zu kalt für die Bienen“. Das breite Angebot an Obst, Gemüse und Kräutern bereichert die Mahlzeiten der ganzen Großfamilie. Und wenn mal was aus dem Supermarkt gekauft wird, weil das eigene Angebot grad mal nicht so groß ist, dann freuen sich alle wieder auf die eigenen Sachen: Frisch aus dem Garten, das schmeckt man einfach sind sich Mutter Maria und Tochter Renate einig.
Mit Offen-Laufstall für die Zukunft aufgestellt
Ihr Mann Christian übernahm im Anschluss den landwirtschaftlichen Teil des Hofrundgangs. Nachdem sie den Hof 2013 von den Schwiegereltern übernommen hatten und ihr ältester Sohn sich für eine landwirtschaftliche Ausbildung im benachbarten Kleßheim in Österreich entschieden hatte, wollten sie den Hof für die Zukunft besser aufstellen. 24 ha der Eigentumsflächen sind Wiesen, dazu noch 14 ha Pachtwiesen als Voraussetzung: Da war klar, dass man weiterhin auf Milchproduktion setzen würde. Anstelle des 30 Kuh-Anbindestalls wurde ein moderner Offen-Laufstall mit Auslauf für 43 Kühe mit modernem Melkstand gebaut, in dem die Kühe im Oktober 2019 eingezogen sind. Das ist nicht verwunderlich, dass ich als gelernter Zimmerer auf Holz als Baustoff gesetzt hab, erzählt der Landwirt. „Meine Frau und ich haben zwei Monate gebraucht, bis wir im neuen Laufstall und Melkstand unser Routine gefunden hatten. Unsere Kühe haben dafür nur 2 Wochen gebraucht.“ erzählt Mix. Gemeinsam melken sie seither im Side-by-Side-8er Melkstand morgens und abends. Der letzte Winter war insgesamt sehr mild, aber in einer Nacht hatte es doch 10-12 °C unter null und morgens war dann alles eingefroren. Das war natürlich eine Aufregung, aber irgendwie haben wir es doch geschafft, dass die Milch bis um 6:30 fertig gemolken im Tank bereit zur Abholung stand, als der Sammeltankwagen vor der Milchkammer stand. Darauf waren wir dann auch richtig stolz, erzählt Renate ergänzend. Seit Jahrzehnten setzte die Familie schon erfolgreich auf das dt. Fleckvieh als Zweinutzungsrasse. Inzwischen stehen aber auch ein paar Exoten im Stall: Zum runden Geburtstag hatte der 50-Jährige ein Jungrind der Rasse Pinzgauer bekommen, der Sohn hat sich zum 18ten Geburtstag Tiroler Grauvieh gewünscht und eine Rotbunte gibt’s auch noch im Stall. Neben den Kühen sind ungefähr nochmals gut 40 Kälber und Jungrinder auf dem Hof. Sie sind im alten Stall untergebracht, von April bis Oktober aber auf der Weide. Sieben davon gehen immer auf die Alm. Christian, der selber aus Schleching aus einem Bauernhof stammt, betreibt dort noch eine kleine Zimmerei; die Kälber dürfen den Sommer über auf der Alm seiner Schwester verbringen.
Kaltblutzucht und Kutschenfahrt
Statt den Maschinenpark – so auch fünf zum Teil Oldtimer-Traktoren der Marke Deutz – am Hof zu besichtigen, zog es die Gruppe dann vor, mehr über die Kaltblutzucht zu erfahren. Opa Hans betreibt diese inzwischen zusammen mit einem seiner Enkel, der ihm hilft. Fünf stattliche Pferde und eine umfangreiche Sammlung an historischen und neuen Zaumzeugen, Halfter und Kummet gemeinsam mit den vielen schon erhaltenen Ehrungen sind der Stolz von Renates Vater. Der immer noch rüstige 73-Jährige betreut daneben auch die Hühner und hat immer den Blick auf die Kühe im Stall und auf der Weide, wenn der Schwiegersohn kleineren Zimmereraufträgen wie Treppen, Carports oder Gartenhäusern nachgeht.
Am Ende bedankte sich die Gruppe bei Familie Mix für die umfassenden Einblicke in ihre Landwirtschaft in der Alpenregion. Beeindruckend waren für die Besucher besonders die vielfältigen Einkommensquellen auf dem Betrieb und das harmonische Zusammenleben der drei Generationen auf dem Hof, denn im Laufe des Rundgangs hatten sich auch noch zwei der drei Söhne unter die Gruppe gemischt und beantworteten geduldig die vielen Fragen zum Betrieb. In den folgenden Tagen wird der Ausflug in den Süden dann abgerundet von einer Fahrt auf den Jenner, hoch hinauf auf die Roßfeldstraße und schließlich nach Salzburg.
Bericht und Fotos: Molkerei Berchtesgadener Land