Leitartikel

Besuch bei der Krippenbauschule in Garmisch-Partenkirchen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Bauet Krippen, aber baut sie nach Eurer Heimat!“ – ein Beitrag des Bayernbundes

Zum Bildungsangebot des Bezirkes Oberbayern gehören auch die Schulen für Holz und Gestaltung SHG in Garmisch-Partenkirchen. Dieses Bildungszentrum ist in dieser Form einmalig in Deutschland und bietet als Ausbildungszweige die Berufsfachschule für Schreiner und die Berufsfachschule für Holzbildhauer an. Neben der Meisterschule für Schreiner und der Fachakademie für Raum- und Objektdesign gehört zu den SHG seit 2010 auch eine Krippenbauschule.

Geleitet wird die Krippenbauschule von Martin Königsdorfer, der wie er selbst augenzwinkernd sagt, vom Krippenvirus infiziert ist.  Bayernbund-Landesvorsitzender Sebastian Friesinger und Redakteur Fritz Lutzenberger haben mit ihm gesprochen.

Frage: Herr Königsdorfer, was hat den Bezirk veranlasst, eine Krippenbauschule zu betreiben?

In erster Linie handelt es sich beim Krippenbau um ein Kulturgut. Der Bezirk sieht in der Krippenbauschule die Möglichkeit, das „Kulturgut“ Krippenbau aufrecht zu erhalten, alte Techniken weiterleben zu lassen und vor allem mit modernen Techniken und neuen Materialien neu zu beleben. Unter unserem damaligen Schulleiter Herrn Alexander Wanisch und Herrn Altbezirkstagspräsident Franz Jungwirth, die beide auch Freunde der Krippe sind, entstand also 2009 die Idee, die dann 2010 zur Eröffnung kam. Ich möchte hier gerne noch dazu erwähnen, dass die Krippe weit mehr als nur ein Kulturgut ist. Im Grunde stellt die Krippe die Wurzel unseres christlichen Glaubens und gerade in Bayern oder im gesamten Alpenraum auch die Grundlage unserer Kultur dar. Das Leben war seit jeher an den kirchlichen Festen orientiert. Nicht umsonst bildet der Advent das „Kommen“ – das „Erwarten“ des Herrn. So beginnt auch unser kirchliches Jahr mit dem Geschehen um die Geburt. In allen Epochen der letzten 2000 Jahre finden wir stets eine Auseinandersetzung der Kunst mit der Geburt des Kindes. Folglich würde ich sagen, dass die Krippe also weit mehr als ein Kulturgut darstellt. Sie ist ein Ausdruck unserer inneren Werte und Empfindungen.

Frage: Krippenausstellungen genießen gerade in der Weihnachtszeit großes Interesse bei Groß und Klein. Erklären Sie uns doch bitte die Faszination, die für die Menschen von Krippen ausgeht.

Die Krippe zeigt uns also Werte. Sie bringt in uns Empfindungen hervor und versetzt uns meist zurück in ein Umfeld von Geborgenheit, Ruhe, Kraft, Liebe und Zuflucht. Die Erwachsenen lässt sie meistens zurückdenken an die eigene Kindheit. Hier kommen diese Wertvorstellungen wieder stark zum Vorschein. Die Kinder sind in den meisten Fällen verzaubert vom Licht, vom Ausdruck der Figuren und der Tiere und natürlich von dem Kind in der Krippe. Ein Jeder, so denke ich kennt bestimmt von den Eltern oder Großeltern aus seiner Kindheit die Aussage: „Finger weg, des is koa Spuizeig, as Krippal schaugt ma mit de Augen o!“ Die Krippe ist also etwas wertvolles so soll es auf ganz einfache Weise den Kindern vermittelt werden. Als Kind erkannte man die Wertigkeit daraus und diese Wertigkeit bleibt bis ins Alter erhalten. Auch das bildet, meiner Meinung nach, diese Anziehung der Krippe – diese bildliche, wertvolle Bibelgeschichte. In den Krippenbaukursen ist es für die Teilnehmer in gewisser Weise eine Art Meditation. Vielleicht unterbewusst eine Suche nach dem Sinn, ein Ausdruck schöpferischer Fertigkeiten und Fähigkeiten und eine schöne Besinnung und Vorfreude auf das „Kommen des Kindes“. Dieses Gemeinschaftserlebnis, welches den Krippenbauern zuteil wird, ist ebenfalls etwas Bedeutendes. Es entstehen über die Kursdauer hinaus wahre Freundschaften, die über Jahre anhalten. Eigentlich könnte man im Ganzen sagen: „Die Krippe verbindet“. Sie verbindet uns Menschen mit Gott, Alt und Jung, Glauben mit dem Alltagsleben, Herz und Hand, usw.…

Frage: Seit wann gibt es überhaupt Krippen in den Privathäusern?

Die Krippen haben vorwiegend seit der Säkularisation, also zu Beginn des 19. Jahrhunderts, in die Wohnungen Einzug gehalten.  Kirchengüter, auch Krippen, wurden verstaatlicht, verkauft und kamen so zur reichen Bevölkerung. Das Aufstellen in den Privathäusern reizte so also das Krippenbauen an, da der einfachere Handwerker, Bauer auch eine Krippe im Haus haben wollte.

Frage: Welche Kurse bieten Sie in der Krippenbauschule an?

Wir bieten eine Vielzahl an Krippenbaukursen an, die auch stets im Wechsel der jeweiligen Jahresprogramme umgesetzt werden. Im Durchschnitt sind es ca. 10 – 12 verschiedene Kurse pro Jahr. Diese können auf der Homepage unserer Bildungseinrichtung unter www.shg-gap.de eingesehen werden.

Frage: Welche Voraussetzungen sollten Teilnehmerinnen und Teilnehmer mitbringen?

Die Teilnehmer sind stets bunt gemischt. Das soll bedeuten: Es braucht hierfür keine direkten Voraussetzungen handwerklicherseits. Wenn jemand mit Hammer und Akkuschrauber umgehen kann ist das ein Gewinn, jedoch kein Muss. Eine wichtige Voraussetzung wäre doch zu erwähnen und die bringen die Teilnehmer ohnehin mit: die Liebe zur Krippe.

Frage: Die laufen diese Kurse ab? Gestalten die Teilnehmer eine vollständige Krippe?

Die Teilnehmer gestalten an 2 aufeinanderfolgenden Wochen an jeweils 3 Tagen eine vollständige Krippe, ein Hintergrundbild oder was auch auf dem Kursplan steht. Die Dauer eines Kurses beträgt also 6 Tage jeweils von Donnerstag bis Samstag. Den Höhepunkt bietet meist der letzte Tag. Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, wenn Sie in erwachsenen Augen am Ende der Fertigstellung den Glanz der Kinderaugen erkennen, die gerade vor den Christbaum stehen. Eigentlich und das ist das schöne an meiner Tätigkeit, habe ich nicht nur einmal im Jahr den „Heiligen Abend“.

Frage: Werden in Garmisch-Partenkirchen nur alpenländische Krippen gestaltet?

Nein. Vorweg: Wir fertigen heimatliche Krippen. In der Überschrift heißt es ja „Bauet Krippen aber baut sie nach EURER Heimat! Das soll bedeuten: Setz Dich mit Dir und Deiner Umgebung auseinander. Betrachte Deine Heimat und nimm wahr, dass all dies Teil der Schöpfung ist. Gott ist auch bei Dir zuhause oder wie man bayrisch so schea sagt „dahoam“ in unserer „Hoamat“. Es werden also fränkische, schwäbische, mitteldeutsche, schweizer Krippen und was wir nicht schon an Teilnehmern hatten, gebaut. Selbstverständlich findet auch die orientalische Krippe ihren Platz in unseren Baukursen, sogar sehr stark. Das geht wohl stets mit dem Verständnis um die „Echte“ Darstellung einher, da uns die Bibel ja das Gebiet um Betlehem aufzeigt.

Frage: In Garmisch-Partenkirchen gibt es auch ein Krippenmuseum im Museum Aschenbrenner, über das wir in der Weiß-Blauen Rundschau Nr. 6/2018 berichtet haben. Gibt es da eine Verbindung?

In direktem Sinn gibt es keine Verbindung. Das Museum Aschenbrenner wird von der Stiftung der Marianne Aschenbrenner und dem örtlichen „Verein der Werdenfelser Krippenfreunde“ betreut und erhalten. Es gibt wohl eine Verbindung, aber die ist eher in meiner Person zu suchen, da ich im Ortsverein als 2. Vorsitzender agiere.

Frage: Wo können sich Interessenten über Ihre Krippenbaukurse informieren? 

Informationen finden die Interessierten unter www.shg-gap.de. Wir bitten hier jedoch zu berücksichtigen, dass auch uns die Pandemie in der Umsetzung und Abhaltung der Kurs stark eingeschränkt hat und wir im nächsten Jahr, also 2022 viele Kurse von 2021 erst nachholen müssen.

Bilder: Bayernbund

Der Leiter der Krippenbauschule des Bezirks Oberbayern, Martin Königsdorfer stellt sich den neugierigen Fragen des Bayernbund-Landesvorsitzenden Sebastian Friesinger (re.) und von Redakteur Fritz Lutzenberger (li.)

Zum Kursprogramm gehört auch, Landschaften und Pflanzen zu gestalten.

Anspruchsvoll ist die perspektivische korrekte Gestaltung von Diaramen.

Eine beliebte Form von Krippen sind Eckschränke für den Herrgottswinkel.

Beitrag entstand in Abstimmung mit Bayernbund / Fritz Lutzenberger / Weiß-Blaue Rundschau

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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