Land- & Forstwirtschaft

Bergbauernsymposium in Sachrang

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Die Oberkaser Mare hat ihr ganzes Leben auf ihrer Alm am Geigelstein verbracht, sie hat durch ihre Arbeit auf der Alm in fast 70 Jahren wesentlich zur Gestaltung der Landschaft rund um ihre Alm beigetragen. Erstmals liegen für diese gesamte Lebenszeit viele Bilder vom Almleben und damit auch von der Almlandschaft am Geigelstein vor“, so der Biologe Alfred Ringler beim Bergbauern-Symposium im Sachranger Trachtenheim. „Vieles hat sich in diesem langen Leben verändert, aber trotzdem gibt es – wenn man die Fotografien betrachtet – nur wenige Veränderungen im Bereich um den Gipfel und auch der Bewuchs hat sich ganz oben nur wenig verändert, erst im Bereich der Almen haben sich die Waldgrenzen um ein paar Meter hin und her verschoben und Brombeeren und Adlerfarn haben überhand genommen. Wege wurden neu eingetreten und wieder aufgegeben, Weidegänge entstanden und sind wieder vergangen“. Aufmerksam hörten die Bergbauern aus dem Inntal, dem Priental und dem Achental zwischen Oberaudorf und Schleching zu, fast jeder von ihnen hatte die Oberkaser Mare noch persönlich gekannt. Mit zahlreichen Bildern aus den 50-er Jahren, denen er aktuelle Bilder gegenüberstellte, untermauerte Alfred Ringler seine Ausführungen.

Zum Beginn des fünften Projektjahrs luden die Verantwortlichen des Bergbauernmodells Sachrang zu einem Almsymposium ins Bergsteigerdorf Sachrang. Diese Einladung organisierte im Auftrag des Vereins „D’ Sachranger Bergbauern“ der seit 2018 im Landkreis tätige Landschaftspflegeverband Rosenheim. Bürgermeister Peter Solnar und sein Amtskollege Sepp Loferer aus Schleching begrüßten rund 60 Almbauern und Landwirte, die der Einladung ins Trachtenheim im tief verschneiten Sachrang gefolgt waren.

Das Bergbauernmodell Sachrang ist ein vom Bayerischen Naturschutzfonds und vom Bezirk Oberbayern gefördertes Projekt, Maßnahmenträger sind der Verein „D’ Sachranger Bergbauern“ und die Gemeinde Aschau. Im Vorjahr informierte sich Regierungspräsidentin Maria Els ausführlich über das Projekt, die Sachranger Bergbauern stellten ihr Vorhaben mit einer Tafelausstellung bereits bei der EU in Brüssel vor. Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die in Jahrhunderten gewachsene Kulturlandschaften der Almen und Talweiden zu erhalten und wiederherzustellen, wenn sie bereits stärker verbuscht sind oder von Farn- und Brombeerbeständen überwuchert werden.

Biologe Alfred Ringler informierte das Plenum mit seinen Bildern über die Veränderungen der Landschaft im Priental in den letzten 50 bis 60 Jahren. Ringler arbeitete in seinem Vortrag heraus, dass sich die Almflächen der höheren Lagen oberhalb etwa 1500 Metern nur wenig verändert haben, während Almflächen der mittleren und tieferen Höhenlagen in den letzten Jahren verstärkt von Verbuschung geprägt sind. Hier haben sich Buschwerk und Bäume von den Waldrändern her ehemals offene Almflächen wieder zurückerobert.

Der Beweidungsexperte Siegfried Steinberger von der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat auf mehreren Projektalmen Erfahrungen gesammelt, wie ein erfolgreiches Beweidungsmanagement wieder zu mehr Artenvielfalt, einem besseren Futterangebot für Weidetiere und bunteren Blumenwiesen führt. Er zeigte in eindrucksvollen Bildern, wie durch die richtige Gestaltung aus dem rechtzeitigem Auftrieb, einem an die Almfläche angepassten Bestoß (= Anzahl der aufgetriebenen Weidetiere) und einem zeitlich abgestimmten Umtriebskoppelsystem Almflächen wieder optimiert werden können. Laut Steinberger wirkt sich der Klimawandel in den höheren Lagen stärker aus als im Flachland. Die Folge sei, dass der Auftrieb des Weideviehs heutzutage im Durchschnitt zwei bis drei Wochen früher durchzuführen ist, als es die traditionellen Auftriebszeitpunkte vorgeben würden. Zudem sollte sich der Auftrieb an der vorhandenen Vegetation und am Futterangebot im Weidegebiet ausrichten, damit ergäben sich jedes Jahr etwas unterschiedliche Auftriebszeitpunkte, die um Tage oder auch Wochen differieren könnten. Das Errichten von Umtriebskoppeln garantiert dem Almbauern ein ausreichendes Abweiden des zur Verfügung stehenden Futterangebotes. Ohne Weidekoppeln hält sich das Vieh nur an Stellen mit dem besten Futter auf und andere Teile der Alm werden vom Vieh oft gar nicht oder nur sporadisch aufgesucht.

Im letzten Vortrag des Symposiums ging die Almexpertin Dr. Susanne Aigner darauf ein, wie Almbauern bestimmte Problempflanzen standortgerecht zurückdrängen können, so Flächen oder Bereiche, die von Borstgras oder „Bürstling“ einseitig dominiert werden oder die stark von Brombeeren und Adlerfarn bewachsen sind. An jeden Vortrag schloss sich eine angeregte Diskussion an. „Heute habe ich sehr viel Neues gehört, obwohl es doch seit Jahrhunderten eigentlich nichts Neues auf der Alm gibt“, so eine Teilnehmerin. „Es reicht nicht, dass dieses Wissen um die Almen nur theoretisch gesammelt wird, es muss auch ständig weiter verbreitet werden und an die kommenden Almgenerationen weiter gegeben werden“. Viele der Almbauern regten an, einen solchen fachlichen Austausch regelmäßig zu veranstalten.

Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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