Land- & Forstwirtschaft

Beim Paulkarl in Westerndorf

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

An die, im Frasdorfer Höfebuch erwähnten und in der Dorfzeitung bereits vorgestellten  Bauernhöfe an der heute nicht mehr erkennbaren Grenze zu Frasdorf, schließt sich der Paulkarl an. Als Ergänzung zum historischen Ortskern von Westerndorf soll auch dieser hier vorgestellt werden.

Der, aus den beiden Vornamen Paul und Karl zusammengesetzte Hofname, ist bereits 1460 erwähnt. Rupert Wörndl hat in der Dorfzeitung Nr. 104, im März 2017, zum Gedenken an den kurz vorher verstorbenen Paulkarl Jak, die Hof- und Familiengeschichte ausführlich beschrieben (aus diesem Grund wird dies hier ausgeklammert). Dieser Hof hat eine wechselvolle Geschichte mit öfterem Besitzerwechsel und auch mehreren schweren Schicksalsschlägen hinter sich. Über mehrere Generationen war der Name Hamberger auf dem Hof, weil einer der Vorfahren aus dem Hamberger Hof in Ruckerting stammte (heute Familie Wörndl), auf dem damals Familien- und Hofnamen gleich waren. In oben genanntem Höfebuch ist beim Paulkarl u. a. zu lesen: „Sohn Franz Paul (geb. 1831 gest. 1912) ist der Vorfahre der heutigen Familie Hamberger, Industriewerke Ziegelberg.“ Daher der Name: „Industriewerke Hamberger.“

In der Festschrift zum hundertjährigen Jubiläum der Stadt Rosenheim im Jahr 1964  steht u. a.: „Im Jahr 1866 verkaufte der Bauer Franz Paul Hamberger sein Anwesen zum Paulkarl in Westerndorf bei Frasdorf und erwarb ein Grundstück in Gehering, auf welchem er eine Fabrik errichtete und Zündhölzer und Schuhwichse herstellte. Einige Zeit darauf verlegte er diese Fabrik auf ein größeres Grundstück in Ziegelberg, später kam auch noch eine Ziegelei und ein Sägewerk dazu. Er lebte sehr anspruchslos, war kaufmännisch begabt und hatte großen Unternehmergeist.“ Der Hofname Paulkarl ist trotz Besitzerwechsel beim Anwesen geblieben, aber der Familienname hat sich einige Male geändert. 1898 ging der Hof, wie bei Rupert Wörndl beschrieben, an die Familie Koch über und ist seither in deren Besitz.

1930 kam auch ein Feldkreuz zum Anwesen. Die damaligen Besitzer gingen laut Erzählungen in der Familie, zu Fuß nach Kirchwald und schauten sich dabei alle Feldkreuze am Weg und in den Fluren an, gaben anschließend selber einen Corpus in Auftrag und errichteten ein Kreuz auf ihrem Grundstück an der Ecke Badweg – Ruckertinger Straße. Doch bereits 1935 versetzten sie es an seinen jetzigen Standort ins „Kapellenfeld“ neben der heutigen Westerndorfer Kapelle. In dieser Flur stand bereits in früherer Zeit eine kleine Kapelle, daher der Name Kapellenfeld.

2024 ließ der Heimat- und Kulturverein das inzwischen schon einmal renovierte, aber bereits wieder verwitterte Kreuz mitsamt Wettermantel erneuern und den Corpus restaurieren, sodass dieses Flurdenkmal auch in Zukunft wieder zur Ehre Gottes und zur Bereicherung unserer schönen Kulturlandschaft erstrahlen kann. Am Fest der hl. Anna, dem letzten Namenstag der inzwischen verstorbenen Mutter und Oma Anna, konnte Pfarrer Paul Janßen diesem erneuerten, religiösen Kleinod seinen Segen erteilen. Eine letzte große Freude für die Paulkarl Bäuerin Anna Koch, bevor sie ein halbes Jahr später, im Januar 2025, verstarb. Die Verbundenheit der Vorfahren am Hof zum christlichen Glauben und zu Feld und Flur ist auch heute noch an der Hausfassade ersichtlich. In der Girlandenmalerei über der Haustüre ist ein Reliefbild von Gott Vater als Schöpfer der Welt, eingearbeitet und aus einer Giebelnische über der Balkontüre blickt eine segnende Herz Jesu Figur mit zwei betenden Engeln herab.

An der Vorderseite des Hauses ist folgender Satz zu lesen:

Aus Gottes erster Hand

Stammt der Bauernstand.

Der Bauer ist des Schöpfers Knecht

Er sät den Samen kunstgerecht.

Das schönste Wappen in der Welt

Das ist der Pflug im Ackerfeld.

 Alle Fenster sind mit einer schönen, dezenten Malerei bekrönt. Laut Erzählungen ließ der Paulkarl Jak um 1975 diese Fassadenmalerei erstmals am Haus anbringen. Damals hat der Maler Wildgruber mehrere Gebäude  in der Umgebung, auch in Westerndorf, mit seiner Malerei verschönert. An ihn erinnern sich heute noch einige Leute, weil er ein sehr netter, freundlicher Mann war, der aber des öfteren alkoholische Unterstützung bei seiner kreativen Arbeit brauchte. Beim Paulkarl wurde die gesamte Wandmalerei 2012/13 von der Kirchenmalerin Kathi Öttl (geb. Mayr – Oberwildenried) renoviert bzw. erneuert. Zuvor hatte  Florian Koch mit ein paar Helfern den Putz neu aufgzogen, sodass die Farben wieder neu aufgetragen werden konnten. Über die gesamte Hausbreite zieht sich ein schön gestalteter Balkon in der gleichen grünen Farbe wie alle Fensterläden und die reichlich verzierten Wind- und Formbretter.

Das gesamte Gebäude ist, gemeinsam mit mehreren anderen Häusern, eine Bereicherung für das historische Westerndorf.

Bericht und Foto: Hildegard und Franz Osterhammer

Nach Erzählungen der Familie Koch, Kathi Öttl u. a.

Aufzeichnungen im Frasdorfer Höfebuch   /   Beitrag in der Festschrift zur Jahrhundertfeier der Stadt Rosenheim   / Beitrag in Frasdorfer Dorfzeitung von Rupert Wörndl  / Beitrag im Büchlein Flurdenkmäler in der Gemeinde Frasdorf

 


Redaktion

Toni Hötzelsperger

Beiträge und Fotos sind urheberrechtlich geschützt!