Land- & Forstwirtschaft

Bayer. Ergebnisse der Besprechung mit EU-Agrarkommissar

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Landwirtschaft hat zentrale Bedeutung für Bayern / Forderungen für Regionalität, bäuerliche Betriebe, Ernährungssicherheit und möglichst wenig Bürokratie / Gemeinsame Ministerratssitzung mit
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski

Die heimische Landwirtschaft ist für die Bayerische Staatsregierung von zentraler Bedeutung. Bäuerliche Familienbetriebe sind die Grundlage für die Sicherung der Lebensmittelversorgung im eigenen Land, liefern Rohstoffe für die Wirtschaft, erzeugen Energie, pflegen, erhalten und prägen dabei gleichzeitig die attraktive Kulturlandschaft und sind Stabilitätsanker im Ländlichen Raum.

Der Bayerischen Staatsregierung ist es ein besonderes Anliegen, die bäuerlichen Betriebe bei den anstehenden Herausforderungen bestmöglich zu unterstützen. Auf EU-Ebene brauchen die Landwirtinnen und Landwirte sowie Waldbesitzerinnen und -besitzer Kontinuität bei Maßnahmen und Initiativen. Dies gilt umso mehr, als auch in vielen anderen Bereichen erheblich Veränderungen zu erwarten sind. Die Ernährungssicherung als zentraler Pfeiler einer Gesellschaft darf daher nicht gefährdet werden. Auch vom Bund erwartet der Freistaat eine aktive Unterstützung der Land- und Forstwirtschaft. Dazu hat sich der Ministerrat in einer gemeinsamen Sitzung mit EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski ausgetauscht.

  1. Forderungen an die EU-Kommission

Die bayerische Land- und Forstwirtschaft ist ein Modell für Europa. Die aktuellen Krisen zeigen, dass eine bäuerlich geführte Land- und Forstwirtschaft, regionale Wertschöpfungsketten in vitalen ländlichen Räumen, die konsequente Förderung von Tierwohl und Agrarumweltmaßnahmen neben Klima- und Umweltschutz, die Ernährung und die Lieferung nachwachsender Rohstoffe am besten sicherstellen können. Daher müssen solche Rahmenbedingungen klar erhalten und dürfen nicht durch voreilige Regelungen auf EU-Ebene ausgebremst werden. Die Auswirkungen der europäischen Initiativen und Strategien, insbesondere des Green Deal, auf die natürlichen Lebens- und Produktionsgrundlagen, die Eigenversorgung und die regionalen Wirtschaftskreisläufe müssen daher berücksichtigt werden.

Die Staatregierung fordert deshalb von der Europäischen Kommission:

  1. Zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch – Farm to Fork“
  • Es darf nicht sein, dass durch eine solche Strategie Umfang und Wertschöpfung aus der Erzeugung von Lebensmitteln in der EU sinkt und in der Folge dann Lebensmittel vom Weltmarkt zu Billigpreisen und niedrigeren Erzeugungsstandards in die EU eingeführt werden. Dazu sind vor Einleitung konkreter Rechtsetzungsschritte Folgenabschätzungen notwendig, die auch entsprechend berücksichtigt werden müssen.
  • Um zudem die Verlagerung von Treibhausgasemissionen aus der EU in andere Regionen der Welt zu verhindern, muss auch für Lebensmittel und Agrarerzeugnisse ein WTO-konformes Grenzausgleichssystem vorgesehen werden. Alternativ müssen die höheren Kosten einer künftigen Lebensmittelproduktion in der EU finanziell ausgeglichen werden.
  • Im Hinblick auf den vorgeschlagenen finanziellen Ausgleich höherer Produktionskosten infolge der Farm-to-Fork-Strategie sollten hierfür erforderliche Mittel über Umschichtungen innerhalb des bestehenden Finanzrahmens der EU und nicht über zusätzliche Mittelzuführungen durch die Mitgliedstaaten finanziert werden.
  • Mehr als bisher muss es künftig möglich sein, die Herkunft von Lebensmitteln kennzeichnen und ausloben zu dürfen. Dem gestiegenen Wunsch der Verbraucher nach regional erzeugten Lebensmitteln muss die EU entgegenkommen und die Kennzeichnungsregeln erleichtern.
  1. Zur EU-Waldstrategie und zum „Fit-for-55“-Paket
  • Das im EU-Vertrag verankerte Prinzip der Subsidiarität darf generell und insbesondere auch nicht in der Forstpolitik durch Rechtsetzungsvorhaben in anderen Bereichen ausgehebelt werden.
  • Vielerlei Zielkonflikte, die sich aus der Nutzung der nicht vermehrbaren produktiven Flächen ergeben, wie z. B. zwischen Wertschöpfung von der Fläche, Biodiversität und dauerhafter Kohlenstoffbindung auf der Fläche, dürfen nicht einseitig zu Lasten einzelner Bereiche gelöst werden.
  • Die Wälder in Bayern erfüllen ihre vielfältigen Funktionen am besten über einen integrativen Ansatz aus „Schützen und Nutzen“. Weitere großflächige Stilllegungen wären kontraproduktiv gegenüber dem Ziel einer langfristigen Bindung von Kohlenstoff in Holz und langlebigen Holzprodukten sowie der strategischen Sicherstellung einer ausreichenden resilienten Rohstoff- und Energieversorgung innerhalb der EU.
  • Das Ziel, EU-weit drei Milliarden Bäume zu pflanzen, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Dabei geht es sowohl um neue Wälder als auch um Gehölzpflanzungen in der Kulturlandschaft und in Siedlungsbereichen. Ganz besonders ist auf den Grundsatz der Multifunktionalität (inkl. Nutzung von Holz und Früchten) zu achten, um Zielkonflikte und Flächenkonkurrenz zu entschärfen und Synergien zu nutzen.
  • Wälder sind Teil der Natur. Sie sind nicht nur Senken für Treibhausgase, sondern auch selbst von Klimawandel erheblich betroffen. Eine künftige Senkenwirkung muss deshalb realistisch veranschlagt werden. Künftige klimabedingte Kalamitäten sind angemessen nach dem Vorsichtsprinzip zu berücksichtigen. Daher wird die mit der Umsetzung des „Fit-For-55“-Pakets zugedachte langfristige Garantenrolle des Landnutzung- und Forstsektors (LULUCF) für die Umsetzung der Klimaneutralität 2050 schwierig zu erfüllen sein, auch im Hinblick auf die Ernährungssicherheit und Versorgung mit Rohstoffen.
  • Hinzu kommt, dass ganz wesentliche Klimaschutzeffekte aus der Verwendung von Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen nicht im LULUCF-Sektor verbucht werden können. Die EU wird daher aufgefordert, der Politik und Öffentlichkeit regelmäßig eine vollständige Informations- und Entscheidungsgrundlage (inkl. Angaben zu Art und Umfang der Substitutionseffekte klimarelevanter Emissionen bei Ernte und Verarbeitung, die Dauer der
    C-Speicherung in holzbasierten Produkten, Leakage-Effekte durch Nutzungsverzichte) zur Verfügung zu stellen.

Bericht: Bayerische Staatskanzlei

Foto: Hötzelsperger

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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