Der AWO-Ortsverein Chiemgau-West lud zu einem Diavortrag über die Kunst- und Kulturgeschichte der spätantiken Residenzstadt Ravenna ins Katholische Pfarrheim nach Prien ein. Der Vorsitzende Lorenz Ganterer konnte dazu als Referenten Herbert Weißenfels begrüßen. Er ist ein intensiver Kenner und ein großer Bewunderer der Kulturgeschichte Ravennas.
Die in der italienischen Region Emilia-Romagna gelegene Stadt Ravenna gehört zu den bedeutendsten Kunst- und Kulturzentren im spätrömischen Imperium Romanum. Ihre Hochblüte hatte die Stadt im 5. und 6. Jahrhundert als weströmische Kaiserresidenz, Hauptstadt des gotischen Königreiches und Sitz der byzantinischen Exarchen. „Die Stadt hat einen einzigartigen Bestand an spätantiken und frühmittelalterlichen Kirchen, Taufkapellen sowie Mausoleen“, so Herbert Weißenfels.
Acht Gebäude aus der Blütezeit Ravennas wurden 1996 in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Dazu gehören das Mausoleum der Galla Placidia und das Baptisterium der Kathedrale, beide im 5. Jahrhundert errichtet, das Baptisterium der Arianer und die Kirche Sant‘ Apollinare Nuovo, beide um 600 errichtet, sowie die Kirchen San Vitale und Sant‘ Apollinare in Classe, beide im Jahre 547 geweiht.
Weißenfels ging detailliert auf die beeindruckenden frühchristlichen Mosaiken in den historischen Gebäuden ein. Anhand von rund 80 Fotos erläuterte er die Darstellungen und stellte den Bezug zu den biblischen Aussagen her. Er begann seinen fiktiven Rundgang mit den ältesten noch erhaltenen Gewölbemosaiken im Mausoleum der Galla Placidia. „Die ganz wesentlich von Blautönen und Gold beherrschten Mosaiken schaffen mit der düsteren Beleuchtung eine einzigartige Stimmung,“ wie Weißenfels ausführte. Der neutestamentliche Zyklus mit den insgesamt 26 Bildfeldern über die Wundertaten und die Passion Christi in der ehemaligen arianischen Hofkirche Theoderichs, der heutigen Kirche Sant’ Apollinare Nuovo, sei, so Weißenfels, ein Höhepunkt in der Qualität des frühchristlichen Westens. „Die Verklärung in Sant‘ Apollinare in Classe zählt zu den eindrucksvollsten und wegen ihrer symbolischen Verschlüsselung zu den besonderen Bildschöpfungen der frühchristlichen Zeit.“
Neben den wunderschönen Mosaiken gibt es in Ravenna auch auf Grund ihrer besonderen Architektonik herausragende Gebäude zu besichtigen. So hat das Mausoleum des Theoderich ein Natursteindach von rund elf Metern Durchmesser und einem Meter Dicke, das aus einem einzigen, aus Istrien stammenden Monolithen, herausgemeißelt wurde. Herbert Weißenfels entdeckte diese einzigartige kunst- und kulturhistorische Schönheit Ravennas vor mehreren Jahrzehnten bei der AWO-Erholungsreise nach Cesenatico. Die vielen Eindrücke waren nach dem Vortrag Anlass für sehr angeregte Gespräche unter den zahlreichen Gästen.
Fotos: Werner Witt / Herbert Weißenfels