Gesundheit & Corona

Aus dem Corona-Tagebuch von Karl Stankiewitz

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Was treiben jetzt – unter den verschärften Auflagen – die unter Generalverdacht stehenden Clubs? Einer der das wissen müsste, ist Peter Wacha: Der hat in München einen gutgehenden Club nach dem anderen aufgemacht und als DJ unter den 18- bis 30-Jährigen beliebt gemacht, angefangen Tanzschuppen „Ultraschall“, der in einer Küche des aufgelassenen Flughafens Riem entstand. Mit seinen 58 Lebensjahren ist Wacha auch kaum mehr dem aktuell auffälligen Party-Volk zuzuordnen. Ich treffe ihn in der legendären „Roten Sonne“ am Maximiliansplatz.

Hier befanden sich einst die Thermen des zerbombten Regina-Palasthotels, in denen wir als junge Leute in den 1950er-Jahren tollen Fasching feierten (der Pool diente als Tanzboden). Jetzt zeigt eine Leuchtschrift draußen an, wie viele Tage hier schon seit Mitte März „closed“ ist. In einem der Kellerräume – zuletzt war dort eine Lesben-Bar versteckt – hat Wacha seit 2005 mit drei Freunden einen „Live-Club“, den ein Musikmagazin regelmäßig als den besten in Europa prämiert, eigenwillig stilisiert und gemanagt.

Nach dem ersten, dem großen Lockdown wollte sich auch die Münchner Clubszene durch Livestreams und städtisch geförderte Open-Air-Konzerte wieder sicht- und hörbar machen. Aber unentgeltliche Musik, vereinzelt als „Dumpingkultur“ geschmäht, beglichen keine Mieten, keine Angestellten, keine freienMitarbeiter. Ein Club musste 40 Studentinnen ausstellen. Wacha hatte viel Geld in die Sonne gesteckt. Das Interieur erinnert ein bisschen ans Oktoberfest selig: Schwarze Wände mit wenigen Knallfarben und Kacheln aus den sanierten Kammerspielen, raffinierte, mit Ökostrom betriebene Licht- und Ton-Spiele, ein Teppichboden, der beim Tanzen vibriert

Mit „NoDance“ entwickelte das Team zum Herbst ein Projekt, das trotz des anhaltenden Verbots von Clubs und Live-Musik einen geregelten Betrieb zu ermöglichen schien. Die Rote Sonne sollte „bespielt“ und „beschallt“ werden: mit Kunst, vornehmlich Klanginstallationen. Auch wollte Wacha zwei Räume „betischen und vorsichtig ein anspruchsvolles, eher experimentelles DJ-Programm bieten“. Der Brite Brian Eno, eine Größe in der Musikbranche, war für November angeheuert. Garantiert war natürlich eine strenge Kontrolle von Maskenpflicht und Abstand zwischen den Stehtischen. Und: No Party Mood.

Der jüngste Lockdown jedoch warf auch dieses ausgeklügelte Projekt „down“. Peter Wacha schickte seine Mitarbeiter in Kurzarbeit und fuhr mit Sohn in den Böhmerwald, dem er entstammt. Aufgeben ist für seinesgleichen aber „keine Option“. Vielmehr empfiehlt er seinen – oft jammernden, auf Staatshilfe wartenden – Kollegen einen gesunden Optimismus. Wie andere Kulturschaffende glaubt er, Kreatives aus der Krise schöpfen zu können, ohne seine Leidenschaft und seine Ziele zu vergessen. Wie wäre es zum Beispiel, denkt er schon wieder weiter, die uralte Ultraschallanlage aus dem Start-Club auf Räder zu setzen und ein mobiles System „Rote Sonne“ zu schaffen? „Dann könnten wir doch Musik auf öffentliche Plätze bringen.“ Warum auch nicht?

Bericht und Foto: Karl Stankiewitz

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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