Bei der neuen Ausstellung im Atelierfenster an der Hauptstraße 31 in Staudach-Egerndach stellt „die kleinste Galerie Deutschlands“ einen Bildhauer vor, dessen Arbeiten bisher öffentlich selten zu sehen waren. Norbert Däuber aus Berchtesgaden ist Bildhauer und arbeitete jahrzehntelang an der Berufsfachschule für Holzschnitzerei und Schreinerei in Berchtesgaden, seit 2001 bis Ende 2022 als ihr Direktor.
Norbert Däuber “spricht die Sprache der Bildhauerei, die Sprache von Form Material Bearbeitung, Proportion“, drückt es der Bildhauer Carsten Lewerentz, der Betreiber des Atelierfensters aus, der natürlich so wie sehr viele Künstler-Kollegen in der Region ebenfalls die Schnitzschule besuchte. Der Blick ins Atelierfenster zeigt durchweg scheinbar gegenständliche Skulpturen, wobei Däubers Hauptinteresse immer Mensch und Tier gilt. Gegenständlich – sofort geben sich die verschiedenen Skulpturen und Plastiken zu erkennen als Hahn, Esel, Schaf oder Mann, Frau. Nur die Zusammenstellung gibt Rätsel auf: Warum reitet ein nackter Mann auf einem Esel? Dahinter verbirgt sich Däubers humorvoller Ernst im Blick auf die Welt. Ist das ein Witz oder vielleicht eine Metapher zu den Reiterstandbildern der Kunstgeschichte? So fängt die Bildsprache des Bildhauers mit dem Betrachter mit Fragen und Hinterfragen an.
Däuber möchte nicht Künstler genannt werden, obwohl er es zweifellos ist. Meisterhaft versteht er es, seine Materialien wie Ton, Holz, Stein und Bronze zu bearbeiten. Durch die unerwarteten Zusammenhänge und auch die Titel der Arbeiten wecken sie unvermittelt Gefühle, Erinnerungen und Einsichten beim Betrachter. So wird er angeregt, die eigene Welterfahrung zu erfahren und zu überprüfen. Däubers „Gartenstücke“ als Zitat zu Albrecht Dürers „Rasenstück“ wecken zum Beispiel Erinnerungen an glückliche Kindheit voller Wunder, Spaß oder Ängsten. Die kleine Skulpturengruppe mit Hund im Hintergrund des Atelierfensters „Die Welt von morgen“ vermag einen ganzen Kosmos von menschlichen Beziehungen gestern, heute und morgen zum Klingen bringen.
Aufgewachsen in Berchtesgaden bewarb sich Däuber noch als Schüler in der Holzbildhauerklasse der dortigen Schnitzschule. Daran schloss sich die Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste in München an, wo er Meisterschüler von Professor Erich Koch wurde. Bei einem Wettbewerb gewann er den Debütanten-Preis. Das war gleichsam seine Eintrittskarte in das Lehrerkollegium der Schnitzschule, die damals Bildhauer Hans Richter leitete. Letztlich war dieser Beruf für ihn die Erfüllung eines Traumes. „Umgeben von jungen Leuten, ihre Fragen zu beantworten und vielleicht auch durch sanfte Kritik zu Hochleistungen anzustacheln, war genau das, was ihm viel Freude bereitete“, hieß es im Berchtesgadener Anzeiger bei seiner Abschiedsfeier von der Schnitzschule. „Die Schnitzschule ist super, ein Traum, der erhalten werden muss“, wird Däuber zitiert, der als Direktor 2001 auf Gerhard Passens folgte.
Die sehenswerte Schau „Nobert Däuber – Bildhauerei“ ist bis zum 21. April zu sehen. Das Atelierfenster ist in den Abendstunden ab 17 Uhr beleuchtet. Es liegt ein Heft für die gern gesehenen Gedanken dazu und Kommentare der Betrachter aus. Auch das Atelierhaus G2 kann nach Anmeldung bei Carsten Lewerentz besucht werden.
Bericht und Bilder: Christiane Giesen