Der Titel der neuen Konzertreihe der Andreas-Hofer-Gesellschaft „Alpenbaroque“ mit dem Untertitel „Auf Balkonen und Emporen“ lässt vielschichtige Assoziationen zu: Vom großen Kulturraum der Alpen bis zum mehrchörigen Klangraum in den Kirchen, von der geografischen Entwicklung dieser Mehrchörigkeit durch diesen Kulturraum hindurch – von Venedig über die Alpen hin nach Salzburg – bis zur zeitlichen Entwicklung über die Jahrhunderte bis hin zu Mozart.
Den Kulturraum der Alpen mit der Musik des 17. Jahrhunderts zu verknüpfen, dies liege Robert Schlegl am Herzen, wie er in seiner Begrüßung sagte. Nach einem musikwissenschaftlichen Symposium im Dommuseum (siehe eigener Bericht) mit Univ.-Prof. em. Greta Haenen aus Bremen und MMag. Dr. Eva Neumayr aus Salzburg erklangen in einem fulminanten Eröffnungskonzert im gut besuchten Dom auf verschiedenen Emporen und im erweiterten Altarraum Beispiele dieser frühbarocken Musik von Komponisten, die in Salzburg gewirkt haben.
Das „Mozart vocalEnsemble“ schuf mit insgesamt 16 Sängerinnen und Sängern in zwei Doppelchören einen außergewöhnlich schönen Stimmklang, der auch die Stimmlage des Countertenors umfasste. Die Sängerinnen und Sänger, die auch – aufgeteilt in vier Gruppen – auf der nord- und südöstlichen Empore, sowie links und rechts hinter dem Instrumentalensemble den Raumklang der Architektur ausnützten, wurden von der „Capella dell’halla“ begleitet. Unter der Gesamtleitung von Jörn Andresen musizierten die Musikerinnen und Musiker auf historischen Instrumenten. Dies waren Violinen mit Darmsaiten und kürzeren, frühbarocken Steckfrosch-Bögen, Viola da Gamba mit sechs Saiten, Gambe mit vier Saiten, Violone, Zink, Trompeten ohne Ventile, Laute, Pauken und Truhenorgel, sowie drei Barockposaunen, darunter der Reichenhaller Robert Schlegl, Vorsitzender der Andreas-Hofer-Gesellschaft und Ideengeber für diese Konzertreihe. Domorganist Phillip Pelster spielte auf den beiden südlichen Orgelemporen die „Toccata undecima“ von Georg Muffat (1653-1704) und „Ballo di Mantova“ von Giovanni Battista Ferrini (1601-1674) mit einer Registerwahl, die Streichinstrumente, sowie hohe und tiefe Blasinstrumente imitierte.
Mit den Werken „Ad festum Virginis“ aus „Ver Sacrum“ und „Missa archiepiscopalis“ des, in Bad Reichenhall geborenen Andreas Hofer (1629 – 1684) sowie „Dixit Dominus“, „Laetatus sum“ und „Magnificat“ seines Nachfolgers als Hofkapellmeister in Salzburg, Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704), ließen die Mitwirkenden die Komponisten dieser Zeit auferstehen und versetzten die Zuhörer mit einem festlichen Auftakt in das Zeitalter des Frühbarock mit seiner Mehrchörigkeit, den Taktwechseln und charakteristischen Verzierungen. Begeisterter Applaus.
Bericht und Fotos: Brigitte Janoschka
36464: Jörn Andresen freut sich mit den Mitwirkenden über den Applaus.
36438: Barockposaunist Robert Schlegl spielt hier die Soloposaune im Kreise der Streichinstrumente. Im Hintergrund zwei voneinander getrennte Chorgruppen, um die Mehrchörigkeit deutlich zu machen.
36430: Mehrchörigkeit: Erhöht auf der südöstlichen Empore und unten im Altarraum nützen die Chorgruppen den Klangraum aus.
Robert Schlegl gründet die Konzertreihe „Alpenbaroque“
Für das vorausgehende musikwissenschaftliche Symposium konnten die ehemalige Professorin des Reichenhaller Barockposaunisten, Robert Schlegl, Univ.-Prof. em. Greta Haenen aus Bremen, sowie MMag. Dr. Eva Neumayr aus Salzburg gewonnen werden. Malereien und Stiche verschiedener Kirchen in Venedig und Rom aus der Zeit der Mehrchörigkeit des Frühbarock sowie Klangbeispiele verdeutlichten diese Zeit und bereiteten zugleich auf das Eröffnungs-Konzert zur Reihe „Alpenbaroque“ vor. Robert Schlegl, der mit vielen namhaften Barockensembles und ihren Dirigenten zusammenarbeitet, organisierte dieses Konzert im Dom gemeinsam mit der Andreas-Hofer-Gesellschaft e.V., Bad Reichenhall, mit Daniela Carollo (Marketing und Kommunikation Erzdiözese Salzburg), sowie mit Stephan Höllwerth (Chormanagement und Konzertdramaturgie der Universität Mozarteum), der in seiner Begrüßung die musikgeschichtliche Verbindung zwischen Italien und Salzburg hervorhob.
Auf den historischen Abbildungen war zu sehen, dass jede Chorgruppe einen eigenen Taktschläger hatte, der mit zusammengerollten Noten als Taktstock dafür sorgte, dass die räumliche Distanz der Chorsänger nicht den gemeinsamen Klang störte. Wie die Mehrchörigkeit speziell in den Salzburger Dom kam, erklärte Mag. Dr. Eva Neumayr und begann mit dem Zitat eines Geschichtsschreibers, der die Musik bei der Weihe des neuen Salzburger Doms 1628 lobend beschrieb: „Es kundt im Himmel nit scheener oder lustiger sein…“. Besser könne man das Zusammenwirken von Architektur und Musik und ihre Wirkung auf die Besucher bei der Einweihung 1628 fast nicht beschreiben, so die Referentin.
Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau (1559-1617) trieb die Gestaltung des barocken Salzburg voran und führte den römischen Ritus in Salzburg ein, erlebte aber die Erfolge seiner Reformen nicht. Der heutige Dom erfülle alle architektonischen Voraussetzungen für historisch informierte Aufführungen, sowie den mehrhörigen Stil, sagte Dr. Eva Neumayr, so dass auch dieses Eröffnungskonzert beinahe den Himmel auf Erden holte, wie es bei der Weihe des „Neuen Doms“ 1628 wohl der Fall war.






