Brauchtum

Almauftrieb im Ruhrpott

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Nicht nur der Verein der Bayern in Berlin hatte sich für seine diesjährige Maifeier den „Almauftrieb“ zum Motto gemacht, auch im Ruhrpott, beim Bayernverein „Einigkeit Dortmund e.V.“, wurde die Plattl-Saison unter gleichem Motto eröffnet. Dazu stand bei denen das 90-jährige Hüttenjubiläum an. Es ist gerade eine Woche her, wo bei uns in Berlin der 1. Mai gefeiert wurde. Zu Gast war auch das Herdecker Alphorntrio der Dortmunder Bayern. Man kannte sich ja bereits vom letzten Stiftungsfest in Berlin. Ein Gegenbesuch stand noch aus. Das gemeinsame Alphornspiel war ausschlaggebend, nun doch einmal eine Einladung nach Dortmund anzunehmen. Die nächste Gelegenheit war die Maifeier mit Hüttenjubiläum am 6. Mai.

Mit dem FlixBus ging es dann am Vorabend Richtung Ruhrpott, das Alphorn im Gepäck. Erwartet hatte ich im größten Ballungsgebiet Deutschland qualmende Hochöfen und ein Meer von Fabrikgebäuden. Stattdessen taten sich große Waldgebiete und hügelige Landschaften auf, darin eingebettet zahlreiche Industriedenkmäler aus vergangenen Zeiten. Entgegen vieler Klischees gehört u.a. Bergwandern über Hügel und Halden, durch Wälder und Flusstäler mit zum touristischen Programm der Region. Gerade in den südlichen Randbezirken von Dortmund, in Herdecke und Witten-Schnee, möchte man meinen, man wäre im Bayerischen Wald unterwegs. Dieses Gefühl bekommt man dann vollends, wenn man das Vereinsheim des Bayernvereins „Einigkeit Dortmund e.V.“ erreicht. Es ist eine eindrucksvolle malerische Almhütte, wie man sie sogar in Bayern selten vorfindet.

Erworben haben sie die Dortmunder Bayern vor 90 Jahren, als Abbruchgebäude auf einer Landwirtschaftlichen Wanderausstellung in Westfalen. Durch mehrmalige Umbauten im Laufe der  Jahrzehnte hat die Hütte, benamt als „Haus Almfrieden“,  ihr heutiges Erscheinungsbild erhalten. Selbstverständlich gibt es auch einen bunt bemalten Maibaum vor der Hütte. Ebenso wie in Berlin, wird jedoch auf das traditionelle jährliche Aufstellen aus organisatorischen Gründen  verzichtet. Er schmückt somit das Vereinsgelände das ganze Jahr über. Somit entstand mitten im Ruhrpott ein Bayernplatz, wie aus dem Bilderbuch.

Ebenso wie die Bayern in Berlin, so konnten auch die Dortmunder ihren traditionellen Almauftrieb, nebst Hüttenjubiläum bei schönstem Wetter feiern, angeblasen von den Herdecker Alphornspielern.  Als Gast aus der fernen Bundeshauptstadt wurde ich vom Vorsitzenden Jürgen Wörl auf das herzlichste begrüßt. Für die weite Anreise überreichte er mir zum Dank einen Jubiläumskrug des Vereins. Für die Gastgeber hatte ich ein edles Chiemgauer Schmankerl vom Odl-Sepp aus Amerang mitgebracht, einen originellen Odl-Schnaps, der gegen alles hilft, auch gegen „Nix“.

Neben den Grüßen aus Berlin durfte ich den Dortmundern auch die Grüße vom Toni Hötzelsperger aus Bayern, dem Chiemsee-Alpenland überbringen. Der Toni ist ein langjähriger Freund der Dortmunder und  Berliner Bayern. Man trifft sich regelmäßig auf Brauchtumsveranstaltungen, wo bayerische Traditionen gepflegt werden, insbesondere auch auf der Grünen Woche in Berlin. Anhand der mitgebrachten Tourismus-Prospekte konnten sich die Gäste von den reizenden Landschaften der Chiemsee-Region, der Heimat vom Toni, überzeugen.

Musikalisch umrahmt wurde die Feier von Edelweißmusikanten aus Duisburg. Dazwischen zeigte die Trachtentanz- und Schuhplattler-Gruppe des Vereins, unter der Leitung des 1.  Vorplattlers Herbert Bellgardt, ihr Können. Ein besonderes Highlight war dabei ein Bankl-Plattler von den Jung-Plattlern Tim Lin und Noah Stahl. Dazu sorgte das Herdecker-Alphorn-Trio, Andrea Schober, Reinhard Scholz und Tim Lin, mit Ihren Alphörnern für eine alpenländliche Stimmung auf der Dortmunder Alm. Dabei war es mir eine Ehre, als Mitglied der Berliner Alphorn-Szene, das Trio mit meinem Alphorn zu begleiten.

Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung war die Verabschiedung des ältesten Vorplatter Deutschlands von seinem Amt. Herbert Bellgardt, ein gebürtiger Münchner, nahm den diesjährigen Almauftrieb zum Anlass, sein Amt als 1. Vorplattler, im Alter von 78 Jahren an den Nachwuchs zu  abzugeben. Er war von seiner Jugend an im Dortmunder Bayern Verein, nachdem sich seine Eltern beruflich im Ruhgebiet niedergelassen haben. Bereits 1957 wurde er zweiter Vorplattler und Jugendleiter. 1967 übernahm er dann das Amt des erster Vorplattlers und blieb weiterhin Jugendleiter. Daneben war er von 1981 bis 1993 Gauvorplattler und Jugendleiter des Gauverbands Ruh-Lippe, sowie von 2000 bis 2004 auch Verbandsvorplattler. Es hat somit über 60 Jahre lang die Geschicke der Trachtentanzgruppe maßgeblich bestimmt und somit den Trachtentanz, nebst Schuhplatteln, sowohl im Verein, als auch im Gauverband in aufopfernder Weise gefördert und gepflegt. Der Vorsitzende  Jürgen Wörl bedankte sich bei ihm für seine großen Verdienste als langjährigen Vorplattler und zeichnete ihn für sein einmaliges Lebenswerk aus.  Selbstverständlich bleibt der „Herbert“ dem Verein als tatkräftiges Vereinsmitglied weiterhin erhalten. Seine Mitarbeit und Ratschläge sind für das Vereinsleben unentbehrlich.

Mit bayerischem Bier und traditioneller bayerischer Gastronomie sorgten die Vereinsmitglieder in Eigenregie für das leibliche Wohl der Gäste. Für einen stimmungsvollen Ausklang mit volkstümlichen Liedern sorgten dann noch der Vereinsmusiker Josef Gwose auf der Steierischen und die singende Elisabeth Brinkmöller auf der Gitarre. Dazu noch ein letzter Alphorngruß von Andrea, Reinhard, Tim und Helmut.

Es war eine gelungene traditionelle Maifeier mitten im Ruhrpott unter weiß-blauem Himmel. Wären da rings rum noch ein paar  Gebirgszüge, hätte man annehmen können, man wäre in den bayerischen Alpen gewesen.

Dazu ein herzliches „Vergelt’s Gott“ an die Vereinsmitglieder des Bayernvereins „Einigkeit Dortmund“, insbesondere an die Herdecker Alphornisten Andrea, Reinhard und Tim, für die liebvolle  Gastfreundschaft, die mir als Gast aus Berlin entgegengebracht wurde.

Bericht und Bilder: Helmut Amberger – Vorsitzender vom „Verein der Bayern in Berlin e.V.“ und freier Berichterstatter der Samerberger Nachrichten

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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