Leitartikel

„Almauftrieb auf die Krautinsel“ – eine bilderreiche Geschichte

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ein tierischer Auftrieb der besonderen Art ist alle Jahre im Frühjahr auf dem Chiemsee. Meistens ohne großes Aufsehen erfolgt die Beschickung der Krautinsel mit Schafen. Seit 20 Jahren ist Michael Berneder aus Schörging in der Gemeinde Bernau dabei, wenn seine Schafsherde das Sommerquartier bezieht. Heuer herrschte schönstes Sonnenwetter als es mit dem Anhänger von Schörging nach Gstadt und von dort mit der Fähre zur Krautinsel ging.

Christine Perl, Enkelin von Michael Berneder, hat inzwischen die Landwirtschaft mit ihrer Familie übernommen und sie führt mit Unterstützung ihres Mannes Felix und ihres siebenjährigen und gleichnamigen Sohnes   die Bio-Schäferei.   Christines Schwager Fritz Perl spannte Bulldog und Anhänger ein, um die Reise auf die Krautinsel zu starten. Als wüssten die 22 Berg- und Mutterschafe, der Bock und eine Ziege Bescheid: sie gehen bereitwillig auf den Transportwagen. Eine knappe halbe Stunde dauert die Bulldogreise von Schörging über Prien nach Gstadt, während dieser Zeit kommt Opa Michael mit seinem Motorboot von Bernau-Felden auch dazu. Pünktlich wie vereinbart kommt Fährmann Florian Pertl von der Gemeinde Chiemsee und so geht es gleich weiter über den See. „Zur Zeit haben wir gut Wasser im Chiemsee, so dass das Anlanden auf der Krautinsel gut möglich ist“, so der Fährmann. Und Michael Berneder ergänzt: „In den 20 Jahren hatten wir noch nie ein richtiges Problem gehabt, es ist immer gut gegangen“. Auf der 3,5 Hektar großen und unbewohnten Krautinsel finden sich die Schafe sofort zurecht, frisches Gras, reichlich Wasser und zaunlose Weiden – ein wahres Insel-Paradies. Die Krautinsel, die nach der Herren- und Fraueninsel das kleinste Eiland auf dem „Bayerischen Meer“ ist, war in früheren Zeiten genutzt vom benachbarten Kloster und von den Fraueninsulanern für den Gemüse- und Kräuteranbau. Nur ein paar wenige Obstbäume erinnern an vormalige Nutzung der Insel, deren Fläche in viele kleine Grundstücks-Anteile aufgeteilt ist. Die Besitzer, in der Regel Familien und das Kloster der Fraueninsel, sind heute froh und dankbar, dass die Bio-Schäferei mit ihren Schafen für eine sanfte Pflege der Weideflächen sorgen.

„Keine Angst vor dem Wolf“

Um nach dem Rechten zu schauen, kommt Michael Berneder mindestens einmal die Woche auf die Krautinsel. In den letzten Jahren hat er sich dort eine kleine, mit einem Gattern geschützte Hütte hergerichtet für das Werkzeug, für Futterreserven bei Kälte-Notfällen und für ein paar Bienenvölker. „Übernachten ist auf der Krautinsel nicht erlaubt, aber die Besuche tagsüber sind schon eine angenehme Sache, denn nach getaner Arbeit kann man den Blick zur Fraueninsel und in die Chiemgauer Berge so richtig genießen“ – so der 80jährige Senior-Schäfer. Und Christine Perl ist froh, dass ihr Opa sich noch regelmäßig um das Schafsvolk auf der Krautinsel kümmert, so kann sie sich dem Hofgeschehen daheim und der Vermarktung ihrer Schafsprodukte ab Hof und auf Märkten widmen. Dass ihre Familie seit 20 Jahren das Weiderecht auf der Krautinsel von der Gemeinde Chiemsee bekommt, ist für die Bio-Schäferin noch aus einem besonderen Grunde wichtig wenn sie sagt: „Auf der Krautinsel brauchen wir fast keine Zäune und was noch wichtiger ist, der Wolf kann unseren Schafen nichts anhaben. Auf dem Festland herrscht wegen der Wölfe große Sorge, aber hier mitten im Chiemsee ist die Welt noch in Ordnung“.

Schafe auf der Krautinsel: auch für den Inselbürgermeister eine gute Lösung

Für Insel-Bürgermeister Armin Krämmer ist froh und dankbar über die gute Krautinsel-Beweidung durch die Bio-Schafe aus Schörging, er sagt hierzu: „Ich finde es sehr gut, dass die Schafherde jedes Jahr an diesem schönen Ort im Chiemsee sein kann. Jedoch müssen die Schafe, Wasservögel und alle anderen Tiere von den Besuchern in dem Naturschutzgebiet  weiterhin respektiert werden. Dies ist sehr wichtig, damit die Tiere ihren gewohnten Freiraum auf der Krautinsel weiter nutzen können. Durch den steigenden Zuwachs an Besuchern in den letzten Jahren wird das leider immer schwieriger.  Die Gemeinde Chiemsee wird auch weiterhin dies mit den kostenlosen Überfahrten unterstützen. Die Organisation der Überfahrten ist oft nicht einfach, da hierfür besondere Wind-, Wetter- sowie Seestandverhältnisse benötigt werden.  Einen Großen Dank an unseren Fährefahrer, für die selbstständige und unkomplizierte Organisation.

                  Schafs-Auftrieb kommt im Bayerischen Fernsehen

Der Bezug des Sommerquartiers der Bergschafe von der Bio-Schäferei Perl  aus Schörging ist auch Thema eines Beitrags des Bayerischen Fernsehens am Donnerstag, 19. Mai. Ab 16 Uhr wird der Bericht im Rahmen der Sendung „Wir in Bayern“ zu sehen sein.

Fotos: Hötzelsperger – Eindrücke vom Schafsauftrieb ab Schörging über Gstadt zur Krautinsel im Chiemsee.

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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