Leitartikel

70 Jahre Musikkapelle Wildenwart

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Wia de Zeit vergeht“ – so lautet ein 175 Seiten starkes Buch über die Musikkapelle Wildenwart. Erstellt wurde das Buch im Rahmen einer Diplomarbeit im Jahr 1990 von Gabriele Pfaffenzeller, der Enkelin des Kapellen-Gründers Albert Pfaffenzeller. Seither sind wieder 35 Jahre vergangen und so kann die Musikkapelle Wildenwart heuer auf ihr 70jähriges Bestehen zurückschauen. Gefeiert wird das Jubiläum von Freitag, 16. Mai bis Sonntag, 18. Mai auf dem Braun-Hof in Stupfa, Gemeinde Frasdorf.

Begonnen hatte die Gründung der Musikkapelle Wildenwart mit einer Wette 1955 zwischen Sägewerksbesitzer Johann Rinser in Kaltenbach (damals noch Gemeinde Wildenwart, heute Gemeinde Prien) und Wildenwarts Volksschullehrer Albert Pfaffenzeller. Die Wettfrage lautete: schafft es Pfaffenzeller bis Weihnachten eine Musikkapelle aus den Reihen heimischer junger Burschen aufzustellen. Alsdann machten sich die Befürworter und Bereitwilligen auf den Weg, gingen von Haus zu Haus sowie zu den Familien mit möglichen und lernwilligen Musikanten. Zum Musikinstrumentenkauf wurde mit Auto und Anhänger nach München gefahren, dabei passierte das Malheur, dass eine Posaune auf dem Heimweg auf der Autobahn verloren ging. Das Wett-Ziel wurde erreicht und der erste Auftritt war 1955 als Weihnachtslieder vor der Christmette bei der Pfarrkirche „Christkönig“  gespielt wurden – diese Tradition wird  im übrigen bis heute ununterbrochen fortgesetzt.

Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte haben sich bei der Musikkapelle Wildenwart aktiv Mitwirkende, Dirigenten, Anlässe und Repertoire verändert. Erster Dirigent war wie erwähnt Lehrer Albert Pfaffenzeller, ihm folgte 1965 Max Kempinger, 1978 übernahm dessen Sohn Paul Kempinger den Dirigentenstab und ab dem Jahr war es dann Wolfgang Kink, der den Ton angab. Seit nunmehr 2015 ist Sebastian Graf, der Dirigent bei der Musikkapelle Wildenwart. Immer mehr wurden die Wildenwarter Blasmusikanten gefordert und gefördert, sowohl bei kirchlichen als auch bei weltlichen Ereignissen wurde die gute Blasmusik gewünscht. So wurde sie ein verlässlicher Partner bei den Wildenwarter Ortsvereinen, insbesondere beim Trachtenverein „Die lustigen Wildenwarter“, beim Veteranen- und Kriegerverein Wildenwart und beim GTEV „Daxenwinkler“ Atzing. Auch über den eigenen Ort und über die eigene Gemeinde hinaus wurde man auf die Blasmusikanten aus Wildenwart aufmerksam, unter anderem waren sie bei Gautrachtenfesten des Chiemgau-Alpenverbandes eine gerne gehörte Marsch- und Festmusik. Auf Reisen erlebten die Wildenwarter auch allerhand, so spielten sie auf der Grünen Woche in Berlin, bei Festlichkeiten in Paris und Hamburg, auf der Oidn Wiesn in München, beim Oktoberfestzug des Festrings München oder im Auftrag der Bayerischen Staatskanzlei für eingeladene Staatsgäste (unter anderem für EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ministerpräsident Horst Seehofer oder Dimitri Medwedew aus Russland). Schöne Erinnerungen gibt es noch in Verbindung mit dem FC Bayern München, als 2014 eine Einladung anlässlich der Deutschen Meisterschaft in die Allianz Arena angenommen wurde, dazu heißt es in den Erinnerungen: „Das Spielen auf dem Rasen war schon gigantisch, der anschließende Korso vor unzähligen Fans zur Meisterfeier der Fußballer durch ganz München bis zum Marienplatz hatte eine Länge von acht Kilometern und besonders froh waren wir damals, dass wir unsere Marketenderinnen dabei hatten“.

Durch das stets hervorragende Miteinander von Jung und Alt gab es lange Jahre keinen offiziellen Vorstand der Kapelle. Als dies aus bürokratischen Umständen nötig wurde, übernahm Peter Aicher sen. dieses Ehrenamt. Auf ihn folgte 2003 Peter Stoib sen., ehe seit dem Jahr 2015 Helmut Rosenwink jun. dem Verein vorsteht. Eigene Veranstaltungen zur Auffrischung der Musikantenkasse entwickelten sich allmählich. Fast schon legendär waren die Starkbierfeste im Saal der Schlosswirtschaft, bei denen in den ersten Jahren nur das starke Bier zum Ausschank kam. Seit 1988 wird das Starkbierfest ebenso wie manches Doppelkonzert mit befreundeten Kapellen in der Lamstoahalle in der Gemeinde Frasdorf veranstaltet. Ein größeres Fest war 2005 das 50jährige Bestehen, das mit einem Festzelt beim Wildenwarter Feuerwehrhaus gefeiert worden war.

Gründung der Jugendblaskapelle und des Musikfördervereins

Wertvolle Dienste in der Weiterentwicklung der Musikkapelle Wildenwart waren die Gründung einer Jugendblaskapelle und eines Musikfördervereins. Gerade die Nachwuchsförderung ist seit 2002 ein hohes Anliegen. Die Gründung der Jugendblaskapelle war eine Initiative das damaligen Dirigenten Wolfgang Kink, inzwischen gibt es neben einer Jugendkapelle unter der Leitung von Benedikt Hammerschmid auch eine von Eva-Maria Gruber initiierte Zwergerlkapelle. Erste Erfahrungen mit den Instrumenten können die Kinder bereits in den Grundschulen von Wildenwart und Frasdorf in eigens eingerichteten Bläserklassen sammeln.

Die Proben in den ersten Jahrzehnten erfolgten in der Turnhalle der Wildenwarter Grundschule. Der Turnraum, der für 20 Erstklässler ausgerichtet ist, musste lange Zeit für bis zu 50 ausgewachsene Blasmusikanten herhalten. Dank des 2002 gegründeten Musikfördervereins mit seinen inzwischen …… Mitgliedern kam es 2014 zum Baubeginn für ein Musikheim direkt an der Schule. Die Einweihung des Hauses auf Frasdorfer Grund mit vielen Eigenleistungen und nach vielfältiger Unterstützung von den Gemeinden Frasdorf und Prien sowie weiterer Gönner erfolgte 2015. Der Musikförderverein wurde die ersten 20 Jahre von Jakob Steiner aus Atzing angeführt, die Nachfolge des nunmehrigen Ehrenvorsitzenden hat Andreas Willmann, ebenfalls aus Atzing übernommen.

Das Festprogramm zu 70 Jahre Musikkapelle Wildenwart

Eine Premiere im bisherigen Wildenwarter Musikantenleben wird die Örtlichkeit der Festveranstaltungen sein. Im rustikalen Tennengebäude des Braun-Hofes in Stupfa bei Wildenwart geht es am Freitag, 16. Mai ab 19 Uhr los mit dem Bieranstich, dazu spielt natürlich die Jubiläumsmusikkapelle selbst auf. Tagsdarauf am Samstag, 17. Mai wird ebenfalls ab 19 Uhr zu einem Bier- und Weinfest mit der Kapelle „Alpenbeat“ eingeladen und am Sonntag, 18. Mai wird in der früh am Feuerwehrhaus zum Kirchenzug aufgestellt. Der Festgottesdienst ist dann um 10 Uhr am Musikheim. Hernach wird nach Stupfa marschiert und dort spielen zum Festtag und Mittagessen neben der Jugend- und Zwergerlkapelle die Musikkapelle selbst sowie die Gruppe „Ochablech“ auf.

Fotos und Repros: Hötzelsperger / Anita Berger (Gruppenbild vor dem Schloss) und Rainer Nitzsche (Marschmusik beim Gaufest in Atzing 2017) – Eindrücke  von der Musikkapelle Wildenwart – sie feiert von 16. Mai bis 18. Mai ihren 70. Geburtstag in Stupfa und Wildenwart.

 

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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