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57. Andechser Europatag der Paneuropa-Union Deutschland

Innere Stärke, äußere Sicherheit – Europäische Identität entfalten / Rückhalt für die Ukraine

Andechs. Der 57. Andechser Europatag befaßte sich mit dem Thema „Europa – ein Zuhause?“ und stand gleichzeitig im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Bernd Posselt, der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, die diese internationale Begegnung auf Bayerns Heiligem Berg zweimal im Jahr veranstaltet, sah darin keinen Widerspruch. Um den äußeren Bedrohungen gewachsen zu sein, so Posselt, gelte es, sowohl die Europäischen Institutionen zu stärken als auch die europäische Identität zu entfalten: „Das eine ist der Leib, das andere die Seele Europas.“

Besonderer Ehrengast war Rafał Dutkiewicz, langjährige Oberbürgermeister von Breslau und einer der populärsten Politiker Polens. Seine Stadt habe nach dem Zweiten Weltkrieg durch die komplette Vertreibung der Deutschen und die Ansiedlung von Polen aus der heutigen Ukraine, die ebenfalls ihre Heimat verlassen mußten, einen nahezu völligen Bevölkerungsaustausch erlitten. Heute spiele sie eine völkerverbindende und europäische Rolle. Insgesamt sieht Dutkiewicz Polen auf einem guten europäischen Weg. Die Politik der heute regierenden nationalistischen Kräfte nannte er „die Sterbensschmerzen einer alten Zeit.“

Beim traditionellen Bühnengespräch im Klostergasthof bekannte sich Dutkiewicz zu seiner regionalen Identität: „Ich bin Schlesier.“ Seine Landsleute hätten nicht nur eine enge Bindung zu der aus Andechs stammenden Heiligen Hedwig von Schlesien, sondern auch zu der deutschen Jüdin Edith Stein, die vor ihrer Ermordung im Konzentrationslager Auschwitz noch einmal kurz am Bahnhof ihrer Geburtsstadt Breslau gesehen worden sei und heute von der Katholischen Kirche als eine der drei Patroninnen Europas verehrt werde. Für die jetzigen polnischen Bürger der historischen schlesischen Hauptstadt sei es selbstverständlich, sich auch mit dem zu identifizieren, was vor 1945 deren deutsche Einwohner geschaffen hätten.

Pater Martin Leitgöb, ehemals Seelsorger der deutschsprachigen Gemeinde in Prag und jetzt Wallfahrtspfarrer auf dem Schönenberg bei Ellwangen, betonte, daß er als Redemptorist nicht wie die Benediktiner an einen festen Ort gebunden sei, sondern innerhalb der „Weltfamilie“ seiner Ordensgemeinschaft überallhin entsandt werden könne. Deshalb sei aus seiner Sicht der Heimatbegriff zweischichtig – zum einen seine Ursprungsheimat im niederösterreichischen Waldviertel, die er aus der Entfernung vielleicht umso mehr schätze; zum anderen Heimat, die er an einem fremden Ort gewinne, indem er Beziehungen zu den Menschen dort aufbaue. Diese „Heimat im Glauben“ habe etwa dem Steyler Missionar Josef Freinademetz aus Südtirol, der die chinesische Kultur kennen und lieben lernte, um „seine geliebten Chinesen“ zu Christus zu führen, dazu gebracht, zu sagen: „Ich möchte im Himmel ein Chinese sein.“ Ebenso sei Mutter Teresa, geboren als Albanerin namens Agnes Gonxhe Bojaxhu, aus freier Entscheidung zur Inderin geworden. „Wenn man die Heimat im Herzen trägt, kann man auch den großen Bogen in die Welt hinein schlagen.“ Für den Christen sei die erste und letzte Heimat der Himmel.

Der Ordinarius für Bayerische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, Prof. Dieter J. Weiß, untersuchte die auf vier Stämmen basierende bayerische Staatsidee König Ludwigs I. als Gedankenanstoß für den Zusammenhalt Europas. Der Vater Ludwigs I., König Max I., habe das moderne Bayern gemeinsam mit seinem Minister Montgelas als zentralistischen, auf Funktionsfähigkeit ausgerichteten Beamtenstaat im Sinne der Aufklärung aufgebaut. Das Ziel sei die Bildung einer bayerischen Staatsnation gewesen. Ludwig hingegen habe erkannt, daß Rationalismus als integrierendes Element nicht ausreiche. Deshalb habe er sein Königreich zu einem Kulturstaat weiterentwickelt, in dem Altbaiern, Franken, Schwaben und Pfälzer ihre Identität hätten bewahren können. Nach dem Zweiten Weltkrieg hätten sich statt der Pfälzer die Sudetendeutschen als vierter Stamm konstituiert. Im 19. Jahrhundert seien die Wittelsbacher bestrebt gewesen, durch Erweiterung ihres Herrschertitels und durch das Residieren in verschiedenen Landesteilen den Zusammenhalt zu festigen. So nannte sich Ludwig „von Gottes Gnaden König von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben“. Durch Denkmalpflege, die Schaffung der heutigen Bezirke, die Erweiterung des Wappens durch verschiedene historische Symbole und die Stärkung des historischen Bewußtseins sei es gelungen, die Bindung der vier Stämme an die größere Gemeinschaft zu festigen. Die Devise des Königs habe gelautet: „Vaterlandsliebe durch Vaterlandskunde“.

Prof. Jana Osterkamp vom Collegium Carolinum und vom Lehrstuhl für die Geschichte Ost- und Südosteuropas an der LMU wies darauf hin, daß die Habsburgermonarchie für die Zeitgenossen im 19. Jahrhundert und für viele Historiker von heute wegen ihrer Vielfalt der Völker und Sprachen, Religionen und historischen Regionen ein „Europa im Kleinen“ gewesen sei: „Wie derzeit in der EU, so drängte sich auch damals in der Habsburgermonarchie die Frage auf, ob und wie sich in diesem Reich verschiedene Heimaten seiner Bürger und Bewohner zu einer ‚Heimat der Heimaten’, wie dies Václav Havel nannte, verbinden lassen könnten.“ Ein Dutzend staatlich anerkannter Sprachen seien auch in den Volksschulen unterrichtet worden, wodurch die Monarchie die „Idee einer mehrsprachigen Heimat“ gefördert habe. Die Antwort auf die seit der Revolution von 1848 anwachsenden nationalen Spannungen habe „Vielfalt ordnen“, also Föderalismus gelautet. Osterkamp stellte vier Föderalismus-Modelle nebeneinander: Das großräumige des Dualismus oder Trialismus, den historischen Kronländer-Föderalismus, das heißt die Gliederung des Bundes wie im heutigen Deutschland aufgrund der geschichtlichen Prägung und nicht aus Verwaltungsrationalität, den nach Sprachgrenzen unterteilten Nationalitäten-Bundesstaat sowie die nicht-territoriale Personalautonomie, bei der sich in gemischt besiedelten Gebieten der Einzelne jeweils zu einer Sprachgruppe bekennen konnte, ohne daß dies die Landeseinheit in Frage gestellt habe. Dieses vierte Modell sei vor allem durch den Mährischen Ausgleich von 1905 bekannt geworden.

Der aus Bayern stammende und in Estland lebende Extremismusforscher Florian Hartleb schilderte, wie extremistische Rechte und Linke, vielfach vom russischen Putin-Regime gefördert, seit mehr als zwanzig Jahren an den Fundamenten Europas gezündelt haben. Eines der wichtigsten Instrumente sei die hybride Kriegsführung durch gezielte Desinformation und Propaganda, insbesondere über die Social Media. Der erfolgreiche Buchautor ging auf den Chefideologen Putins, Alexander Dugin, ein, der die Vision eines von Moskau gelenkten Eurasien entworfen habe. Funktionäre von Dugins Eurasischer Jugend seien im Mitarbeiterstab der AfD im Bundestag tätig geworden. Die sich immer weiter radikalisierende AfD vernetze sich außerdem nicht nur mit Reichsbürgern, sondern auch mit Impfgegnern und Esoterikern. Nach dem von dieser Partei ermöglichten Sturm auf den Reichstag seien etliche von diesen Demonstranten anschließend zu Gast in der Russischen Botschaft gewesen. Die französischen Rechtsextremisten von Marine Le Pen habe Rußland massiv finanziell unterstützt. Diese Kräfte versuchten derzeit zwar, zu Putins Krieg ein wenig auf Distanz zu gehen, bemühten sich aber weiterhin, den Zusammenhalt Europas zu unterminieren. Die Baltischen Staaten seien vor allem dadurch bedroht, daß Moskau die russischsprachigen Volksgruppen dort instrumentalisiere.

Bernd Posselt als starker Verfechter der Europäischen Einigung betonte, daß diese nicht „zu einem Zug nach nirgendwo“ werden dürfe. Sie brauche ein klares Ziel und einen konkreten Fahrplan. Dazu gehöre die Entwicklung eines europäischen Patriotismus, der die nationalen und regionalen Patriotismen nicht verdrängt, sondern „ergänzt und krönt“. So wichtig wirtschaftlicher Erfolg für ein funktionierendes Europa sei, so sehr müsse man bei dessen Weiterentwicklung bedenken, daß der Mensch nicht vom Brot allein lebe – wie dies in der Heiligen Schrift stehe. Für den Zusammenhalt seien Kultur, Symbole, bürgerschaftliches Engagement, Föderalismus und eine völkerverbindende Identität unverzichtbar. Auch die Ukraine sei ein zutiefst europäisches Land, obwohl sich der Rat der Staats- und Regierungschefs aus Angst vor Moskau jahrelang bemüht habe, ihr das Europäertum abzusprechen. München verfüge aufgrund der bis 1990 dort angesiedelten amerikanischen Freiheitssender „Radio Free Europe“ und „Radio Liberty“ sowie der in der bayerischen Landeshauptstadt lehrenden Ukrainischen Freien Universität über eine sehr starke ukrainische Gemeinde. Er selbst, so Posselt, sei dabeigewesen, als Franz Josef Strauß Mitte der achtziger Jahre die Partnerschaft zwischen Bayern und dem ukrainischen Volk proklamiert habe. Auf Initiative des Augsburger Paneuropa-Bischofs Josef Stimpfle sei es schon 1988 zu einer großen Diözesanwallfahrt zur ukrainisch-katholischen Untergrundkirche gekommen. Aus dieser Solidarität heraus gelte es den bedrängten und verfolgten Ukrainern beizustehen und sobald wie möglich mit ihnen gemeinsam an einer besseren europäischen Zukunft zu arbeiten, die der Kriegsverbrecher Putin mit allen Mitteln verhindern wolle. Die Europäische Union müsse sowohl im Inneren durch Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt werden als auch ihre Sicherheits- und Schutzfunktion nach außen wirkungsvoll erfüllen.

Pater Valentin Ziegler OSB begrüßte die Teilnehmer aus verschiedenen europäischen Nationen und dankte ihnen für ihren Einsatz. Europa müsse sich dem Sturm stellen, der von Autokraten ausgehe, die „ganz andere Ziele haben als die versöhnte Verschiedenheit in einem gemeinsamen Europa“. In der aktuellen Lage sei „Gottes Schweigen fast nicht zu ertragen“, aber wie in der biblischen Geschichte vom Sturm auf dem See „ist und bleibt Jesus im Boot“. Vorbild sei auch der Heilige Joseph mit seinem Mut und seiner Dienstbereitschaft. Die zwei Tage Verweilen in Andechs sollten dazu führen, daß „wir mit Zuversicht wieder nach Hause gehen und die Menschen nicht vergessen, die jeden Tag in Not sind und nicht mehr weiterkönnen.“

In der Andechser Wallfahrtskirche zelebrierte Pater Cyrill Schäfer OSB einen Bittgottesdienst für die Ukraine. Aus der Ordensregel des Heiligen Benedikt, Patron Europas, dem die Messe gewidmet war, zitierte er die Aufforderung, für die Fastenzeit: „Ein wenig mehr anstrengen als sonst; aber eigentlich ist für Christen immer Fastenzeit.“ Hier verbinde sich das rechte Maß mit der Öffnung auf einen größeren Rahmen – das ganze Leben stelle sich in die Erwartung von etwas Größerem, die  Hoffnung auf das große Osterfest, Vergebung, Erlösung, und die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn. „Die himmlische Herrlichkeit, übersetzt auf menschliche Verhältnisse, bedeutet Bereitschaft zum Dienen.“ Wo Menschen verbittert streiten, werde hingegen kaum jemand glauben, daß Gott ernst genommen werde.

An den Gottesdienst schloß sich eine Demonstration für die Ukraine vor dem Klostergasthof an, mit Paneuropa- und ukrainischen Fahnen sowie Schildern mit der Aufschrift „Stop the War“ und „Europa zusammenhalten“. Paneuropa-Vizepräsident Michael Gahler MdEP, der Ukraine-Berichterstatter des Europäischen Parlamentes, verurteilte den russischen Angriffskrieg und rief zu uneingeschränkter Solidarität mit dem ukrainischen Volk auf. Er forderte verschärfte Sanktionen sowie Waffenlieferungen: „Die Ukrainer sind in ihrer Existenz bedroht und müssen sich verteidigen können!“ Als Zeichen der Hoffnung und als Zeichen, daß die Ukraine untrennbar zu Europa gehöre, wurden die ukrainische und die Europahymne gespielt.

Das abschließende Podium „Zusammenhalt in Europa“ moderierte der Ukraine-Berichterstatter des Deutschen Bundestages, Paneuropa-Präsidiumsmitglied Knut Abraham MdB aus Brandenburg: „Paneuropa macht mir immer klar, was Europa ausmacht – in kultureller, menschlicher, politischer und religiöser Dimension. Wenn man all das zusammennimmt, ist es ein Zuhause.“ Zusammenhalt in Europa habe er gerade bei der Demonstration gesehen, man sehe es in Premysl an der polnisch-ukrainischen Grenze oder in Berlin am Hauptbahnhof, wo tausende Flüchtlinge, aber auch hunderte Helfer aus ganz Europa zusammenkämen. Um Europa zu entdecken und zu erkennen – „den Europa-Moment zu erleben“ – sei Vermittlung nötig sowie Kenntnisse der Geschichte und der Geographie, die er für den Schulunterricht anmahnte. Sein persönliches Europa-Erlebnis sei jedoch in der fünften Klasse die Konfrontation mit der lateinischen Sprache gewesen, einer supranationalen Sprache, die keinem Volk mehr zuzurechnen war, aber in ganz Europa verwendet wurde. Als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Straßburger Europarates erinnerte er an die zentrale Bedeutung der Minderheitenrechte und der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Aus Wien war die Präsidentin der europapolitischen Bildungsvereinigung „Europtimus“, Elisabeth Dittrich, angereist, die ihre Sympathie für Bayern mit einem Zitat von Bruno Kreisky bekundete: „Ich fahr so gern nach Bayern, weil es nicht daheim ist und doch zuhause.“ Sie gedachte des vor kurzem verstorbenen Präsidenten des Europaparlamentes, David Sassoli, der in seiner letzten Rede, die sie auf italienisch vortrug, beschrieben habe, sein Vater sei mit 20 Jahren in den Krieg gegen andere Europäer gezogen, seine Mutter habe ihr Haus verloren und bei anderen Familien Unterschlupf suchen müssen – angesichts dessen sei .„Die EU ist kein Unfall der Geschichte“. Die Seele Europas sei nicht in rein wirtschaftlichen oder rechtlichen Belangen zu finden, sondern sei „verbunden mit unseren Werten, Ansichten und der Geschichte“. Bei Europtimus und im Verein der europäischen Lehrkräfte AEDE, dessen Vizepräsidentin sie ist, bemühe sie sich, mit Veranstaltungen und Studienreisen, einem virtuellen Club und der Beiteiligung an zahlreichen europäischen Projekten die Kollegen und die Jugend an die Werte und das „Erleben des European Spirit“ heranzuführen. Auch mit Bernd Posselt habe ihre Jugend-Taskforce bereits diskutiert, in der „von Marokko über Polen bis Serbien alles vertreten ist, wir sind ja in Wien.“

Herbert Hofauer, 25 Jahre lang Bürgermeister von Altötting, erzählte, wie er als Jugendlicher bei einer Zeltreise in Frankreich „als Deutscher unangenehme Begegnungen“ erlebt habe, dieser Eindruck sich aber durch das Deutsch-Französische Jugendwerk und Reisen nach Taizé geändert habe. In Altötting habe er von seinem Vorgänger eine Partnerschaft mit dem italienischen Loreto übernommen, habe dort den Oberbürgermeister von Tschenstochau und über diesen die von dessen Partnerstädten Lourdes und Fatima kennengelernt. Aus der Zusammenarbeit in der Frage, wie man gewaltige Zahlen von Pilgern mit den Belangen der Bürger in Einklang bringen könne, sei „Shrines or Europe“ entstanden, ein europaweites Netzwerk von Marienwallfahrtsorten, das inzwischen auch Mariazell und Einsiedeln in der Schweiz umfasse und bald vielleicht auch Kevelaer sowie Wallfahrtsorte aus Irland und Lettland. Neben gemeinsamer Werbung, Jugend- und kulturellem Austausch und Wirtschaftszusammenarbeit engagierten sich einige für das Auswahlverfahren des Europapreises. Von dort kenne er den Oberbürgermeister von Charkiv – „eine wunderschöne Zwei-Millionen-Stadt, die jetzt wie eine Bauschuttdeponie ausschaut, mit vielen Toten.“ Nächste Woche bringe er mit einem Hilfstransport Arzneimittel und anderes in die Ukraine. Hofauer schlug vor, einen weltweiten Fonds zum Wiederaufbau auch des kulturellen Erbes der Ukraine zu gründen.

Pater Cyrill Schäfer OSB, der den EOS-Verlag der Erzabtei St. Ottilien leitet, erzählte von seiner Begeisterung für das Heilige Römische Reich als Ansatz für Europa und für die Paneuropa-Union. Sie habe eine wichtige Aufgabe, und weil sie nicht auf politische und wirtschaftliche Machtpositionen schaue, sondern auf Werte und Verständigung setze, versuche sie das Einzige, was eine Zukunft haben könne. Dabei sei Optimismus eine wichtige Eigenschaft, „sonst würde niemand mehr handeln.“ Für Klöster, die ja global organisiert seien, sei Europa eine Region – wenn auch, wie ein amerikanischer Besucher bemerkt habe, „Geschichte hier unheimlich dicht ist. Dadurch denkt man vielleicht komplexer und differenzierter“, was auch nötig sei. Als „bedrückend“ bezeichnete er seine jüngsten Kontakte zur russischen Orthodoxie. Erst habe er sich gewundert, warum kein kirchliches Tagungshaus einen Vortrag des Abgesandten des Moskauer Patriarchates haben wollte. Schließlich habe die Veranstaltung in St. Ottilien selbst stattgefunden – ein Statement über die Dekadenz des Westens und die Rettung daraus in russischer Tradition und Spiritualität. „Sicher gibt es auch in Rußland kaputte Ehen und Homosexuelle,“ kommentierte Pater Schäfer etwas ironisch. Gerade in dieser Situation sah er es aber als Problem, daß das objektive Wissen über die Geschichte und Tradition Rußlands und der slawischen Welt sowie die Kenntnis von slawischen Sprachen fehle.

Alfred Theisen, der in Görlitz die Zeitschrift „Schlesien heute“ aufgebaut hat, berichtete von tiefgreifender Entchristlichung durch Nationalsozialismus und Kommunismus – es gebe dort heute noch so viele Jugendweihen wie vor 30 Jahren. Deshalb habe er seinen Verlag nach dem biblischen „Senfkorn“ genannt, das er dort einzupflanzen versuche. Andererseits sei es durch die Situation der Freiheit gelungen, zwischen Deutschen und Polen, auch in der lange geteilten Stadt Görlitz/Zgorzelec, Vorurteile und Mißtrauen abzubauen. Dabei hätten besonders die Euroregionen unddie Förderung für grenzüberschreitende Vereine geholfen, aber auch die Vertriebenen. Alte vertriebene Schlesier, die wegen ihrer schlimmen Erlebnisse nie mehr ein polnisches Wort hören wollten, seien schließlich doch in ihre Heimatregion gefahren und hätten dort oft echte Freundschaft gefunden. Die ihrerseits aus Ostpolen Vertriebenen hätten auch Empathie und Verständnis für die Wiederherstellung von Friedhöfen und Denkmälern. Die Bemühungen um das Zusammenfinden hätten trotz mancher Rückschläge, wie die jüngste Streichung von Geldern für die deutsche Minderheit durch die polnische Regierung, die Region verwandelt, auch wirtschaftlich durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und deutsche Investoren. Wichtiges Vorbild sei in diesem Zusammenhang die in Andechs geborene und im schlesischen Trebnitz begrabene Heilige Hedwig. Durch Kulturreisen vermittelt Theisen, daß „die Dichte der europäischen Kultur“ sich nicht in Deutschland, Frankreich, Italien oder Spanien erschöpft – auch Polen, das Baltikum, „das Marienland Slowakei, die Ukraine und Belarus, wo sich das Zentrum des jagellonischen Großreichs befunden habe, seien ebenbürtige Kulturnationen. Umso schärfer verurteilte er das Wegsehen des Westens, „als Lukaschenko die Opposition einsperrte, als Putin in Syrien und in der Ostukraine zuschlug?“ Auch Theisen ermutigte zum Lernen von Sprachen, um Völker richtig zu verstehen: „Englisch ist gut, aber wenn man eine slawische Sprache kann, lernt man die anderen leicht.“

Beitrag: Paneuropa-Pressestelle, Dachauer Str. 17, D – 80335 München

Die Paneuropa-Union Deutschland ist eine Bürgerbewegung für die politische Einheit Europas
Mitglieder der Paneuropa-Bewegung sind Frauen und Männer aus allen Altersgruppen, Berufen und sozialen Schichten, Abgeordnete, Regierungsmitglieder, Professoren, Künstler, Unternehmer, Arbeitnehmer, Auszubildende, Schüler und Studenten, die sich für ein politisch, wirtschaftlich und militärisch geeintes Europa als Gemeinschaft des Rechts, des Friedens, der Freiheit und der christlichen Werte einsetzen, wie dies im „Bamberger Programm“ der Paneuropa-Union Deutschland von 1996 niedergelegt ist. Die Paneuropa-Union engagiert sich als einflussreiche Nicht-Regierungsorganisation für die immer stärkere Integration Europas auf den Gebieten der Außen- und Sicherheitspolitik, der Energie-, Währungs- und Wirtschaftspolitik, für die Demokratisierung der Europäischen Institutionen und die Bildung einer echten Europäischen Regierung, für die Schaffung eines Europäischen Bundesgrenzschutzes zur Sicherung der EU-Außengrenzen sowie für die Schaffung einer Europäischen Armee. Sie tritt für die Stärkung Europas als souveräne Macht und gleichberechtigter Pfeiler der NATO sowie angesichts fortschreitender Globalisierung für ein gemeinschaftliches und selbstbewusstes Handeln der Europäischen Union in der internationalen Politik ein.

Redaktion

Rainer Nitzsche

Als Webseiten-Entwickler bin ich für die Gestaltung und den technischen Betrieb dieser Plattform verantwortlich und versuche, die Seite ständig aktuell und zeitgemäß zu halten.

Als Reportage-Fotograf möchte ich mit wenigen Bildern wiedergeben, was als geschriebener Text vielleicht Bände füllen würde. Es geht um Ereignisberichte in Bildern. Es gilt, schrittweise und in den richtigen Momenten Entwicklung und Ablauf von Ereignissen festzuhalten, die schließlich in einem Höhepunkt gipfeln. Das bedeutet, meine Fotografien sind sehr oft weniger formell und zeigen den Charakter der Menschen eher in einer pose-freien, authentischen Weise, die nicht inszeniert ist.
Mehr Fotos finden Sie auch auf meiner Webseite unter www.rainernitzsche.de

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